Soldatenschicksale des 1. Weltkrieges Teil 468: Friedrich Scholpp

Der Soldat Friedrich Scholpp stammte aus Wangen, einem Stadtteil von Stuttgart, der Landeshauptstadt des heutigen Bundeslandes Baden-Württemberg. Im Ersten Weltkrieg kämpfte er als Wehrmann in der 4. Kompanie des 121. Landwehr-Infanterie-Regiments.  Am 04.09.1914 fiel er während der Kämpfe in den Vogesen nahe der Stadt Münster (französisch: Munster, elsässisch: Menschter).

Über den Todestag und die Todesumstände von Friedrich Schlopp berichtet die Regimentsgeschichte des 121. Landwehr-Infanterie-Regiments:

„Der 4. September

Ein heißer Tag war es fürwahr
Mittag schlug es vom Turm
Als unsere brave Landwehrschar
Den Mönchberg nahm im Sturm.

In dunklen Waldeshöhen
Der Feind lag gut gedeckt
Wir konnten nichts erspähen
Bis uns sein Feuer schreckt

Ein grausam Kugelregen
Schlägt ein in unsere Reih’n
Nun gilt es sich zu regen
„Kameraden, jetzt haut drein“.

So ruft der tapfre Hauptmann
Zum langersehnten Kampf
Es blitzt, es kracht und Mann für Mann
Liegt nun im Pulverdampf

Das Sturmsignal „Kartoffelsupp“
Tönt drauf an unser Ohr
Mit aufgepflanztem Bajonett
Geht jetzt die Landwehr vor.

Man denkt noch kurz an Weib und Kind
UNd auch ans Mütterlein
Dann „Gott mit uns – furchtlos und treu“
Der Sieg muss unser sein.

Dies die Verfse des Wehrmanns Domminik, 2. Kompanie, über den ernsten Tag, um den viele Tränen fließen mussten. – „Brigade von Frech“ hatte sich morgens in Günsbach zum geschlossenen Vormarsch auf Münster versammelt; IV. und I./Landwehr-Infanterie-Regiment 121 mit Maschinengewehren als Vorhut, II. und III. sowie das Landwehrregiment 123 als Gros. Wohlgemut zogen wir in die Spätsommerhitze im Talgrund auf der staubigen nördlichen Fechtstraße nach Westen, voll Erwartung auf den Übergang auf französischen Boden, den wir heute oder morgen erwarteten, denn danach stand jedem der Sinn; Krieg heißt Feindesland. Der Grenzkamm schloss weit hinten den Horizont ab, mächtige Waldkuppen türmten sich davor, ganz vorn der Reichackerkopf und Mönchberg die dicht hinter Münster anstiegen; Kirchturm und Dächer des Städtchens wurden allgemach sichtbar. Links hatten wir das ziemlich breite Münstertal, rechts ragten neben der Straße steile bewaldete Hänge auf; lange Reihen von Kopfscheiben hatten die Franzosen dort oben vor dem Waldrand aufgestellt; wir sollten wohl da hinauf einen Angriff in Szene setzen.

Mädchen kamen uns entgegengeradelt. „Seid ihr endlich da?“, aus allen Häusern winkten die Münsterer, und überall wurden uns Erfrischungen angeboten. „Gestern Abend sind sie abgezogen. Aber Vorsicht: hinter der Stadt sitzen sie in den Bergen!“

Die Vorhut erhielt Befehl, über den Reichackerkopf auf den „Sattel“ und den „Sattelkopf“ zu marschieren; II./L. 121 hatte im „Kleintal“, nördlich davon, die Linie Weiher-Widenthal zu erreichen und mit der bayerischen Landwehr auf den Höhen rechts Verbindung zu suchen; der Rest der Brigade sollte der Vorhut folgen.

11.30 Uhr trat 15./L. 121 als Spitze an; das II. Bataillon zog sich nach seinem nordwestlichen Ortsausgang und schickte die 6. Kompanie zur Aufklärung und Flankendeckung gegen die kahlen Felshänge von Hohrodberg halbrechts hinauf.

300 Meter weit war die 15. Kompanie aus Münster die Bergstraße nach dem Reichackerkopf angestiegen, als an den „Spitaläckern“ aus naher Entfernung ein schwerer Infanteriefeuerüberfall auf sie niederging, der nur zu gut lag. Es kam aus Dickicht, Gehölz und dem Waldrand oberhalb – die Warnung der Männer von Münster: hier hatten sie gelauert und uns dicht herankommen lassen. So rasch das böse Gelände es zuließ, entwickelte die 15. beiderseits des Fahrwegs ihre Schützen, – Raum dazu fehlte, da der Berg rechts scharf abfiel, zur Linken steil aufstieg und begann gegen den Feind zu klimmen. Die 13. Kompanie trat ins Gefecht, dann 14. und 16./L. 121, die Schützenlinie beiderseits verlängernd; hierauf wurde das I. Bataillon eingeschoben. Der Regimentskommandeur und beide Bataillonskommandeure führten ihre Truppen persönlich vor, gruppenweise im heftigsten Feuer, so gut es ging; furchtbar hinderte die Enge der Örtlichkeit jede einfachste Bewegung. Unsere Verluste wuchsen rapid; Oberstleutnant Brock, unser Regimentskommandeur Oberstleutnant Bechtiger, der Adjutant des I., Oberleutnant Paul, die Oberleutnants Schittenhelm und Stübler, Kompanieführer der 16. und 3., Leutnant Müller, 2., einen nach dem andern rafften die Feuergarben der Franzosen in einer Viertelstunde fort, wie sie ihre Leute vorbrachten, und um sie ihre Zug- und Gruppenführer, ihre Mannschaften, und die Zahl der Toten und Verwundeten schwoll mit jeder Minute weiter an. An einheitliche Leitung war nicht zu denken; jeder Führer suchte mit den nächstliegenden Leuten auf dem steinigen Boden aufwärtskriechend, an Wurzeln und Gesträuch sich hochziehend, Überblick und Schussfeld, jeder einzelne kämpfte wütend für sich gegen die Hunde in ihren Buschverstecken und Bäumen oben.

Inzwischen hatte das II. Bataillon, beim Verlassen des Nordwestrands von Münster heftig, aber wirkungslos von französischen Batterien beschossen, sein Ziel Weiher fahren lassen und sich in breiter Front quer durch die Fecht und das „Kleintal“ auf den Gefechtslärm am Reichackerkopf zugestürzt; die feindliche Artillerie folgte ihm durch den Grund mit ihren Granaten und Schrapnells. Es lief den Reichackerkopf von Norden an. Am linken Flügel unserer Linie griff III./L. 121 mit 3 Kompanien und Maschinengewehren ein, Front nach Nordost und fand brauchbares Schussfeld. Der konzentrische Druck duckte die Franzosen, unser zunehmendes Feuer wirkte und sie wurden bescheidener. Unsere Batterie ließ vom Nordwestrand von Münster ihre Schüsse gegen rückwärtige Ziele beim Feind krachen; sie tat gut, sich nicht in das Infanteriegefecht zu mischen, von dessen Stand von unten nichts zu erkennen war. Genug, dass Gruppen des IV. mit ihren blaueb Röcken von eigenen Verstärkungen für Franzosen gehalten und von hinten beschossen worden waren.

Wir waren so weit: Sturm. Mit Zusammenraffung allerKraft war die Linie sich den letzten Sprung über die felsigen Hänge aufwärts und brach in den Wald ein; einiges Handgemenge, ein paar Gefangene, im übrigen flüchtete der Feind. Erschöpft und keuchend nahm die Truppe die Verfolgung auf; sie führte über die obere „Hangstraße“ auf den „Sattel“ zu; Tornister, Waffen und Kleidungsstücke der Franzosen markierten ihren Weg. Beim Wegekreuz am Osthang der Kuppe 771 sammelten und ordneten sich unsere vier Bataillone, dann wurde die Höhe 771 besetzt; Reichackerkopf und Mönchberg waren überwunden.

Der nächste Waldberg in Richtung auf den Vogesenkamm und die deutsche Grenze ist der „Sattelkopf“, von dem nach Stoßweiher, wie in entgegengesetzter, südlicher Richtung tief eingeschnittene Wiesentäler abfallen; jenseits setzt die Walddecke des Sattelkopfmassivs dicht oberhalb des „Sattels“ an. Am Waldrand stehen die „Sattelhäuser“, wenige einzelne Grbäude.

Unsere Bataillone hielten rückwärts der diesseitigen Waldgrenze, um zunächst mit schwachen Patrouillen auf den Wiesengrund vorzufühlen. Und kaum waren diese aus den Bäumen angetreten, als wildes Infanterie- und Maschinengewehrfeuer von drüben auf sie einschlug; Hauptmann Lang, der Kompanieführer der 1. wurde tödlich getroffen. Der Feind hielt im übrigen vielfach zu hoch, so dass uns weitere Blutopfer erspart blieben. Was uns interessierte, wussten wir nun und zogen die Aufklärer zurück, denen der Boden auf ihrem dem Gegner zugeneigten Wiesenhang heiß genug geworden war.

Zwecklos, den Sattelkopf ohne Vorbereitung anzurennen; er war ohne schwere Einbußen nur zu stürmen, wenn seine Verteidiger während unseres Vorgehens durch den Wiesengrund von Artillerie und Maschinengewehren niedergehalten wurden und dafür war’s zu spät; der Abend war da. Ein dünner Schützenschleier wurde als Sicherung an den Waldrand postiert, dahinter legten sich die Reste der geschlossenen Kompanien; einige Reserven wurden ans Wegekreuz zurückgenommen. Die Verpflegungsoffiziere brachten um Mitternacht Leiterwagen voll Brot und Fleischkonserven vor, aber die Truppe wollte nicht viel davon wissen, obschon sie den Tag über nichts gegessen hatte. Besser etwas Schlaf, der auf dem feuchten Waldbosen in der Nachtkühle nicht recht kommen wollte. Zu gleicher Zeit befahl die Brigade, bei Tagesanbruch den Sattel anzugreifen. Ohne Vorbereitung und Feuerunterstützung durch Artillerie? Gleichgültig; nur Ruhe jetzt! Zwei Stunden später wurde die Räumung der Höhen in völliger Stille angeordnet; 4.30 Uhr morgens war damit zu beginnen und der Verstand stand uns vollends still: den Reichackerkopf und den Mönchberg, die eben unter schweren Verlusten gestürmt waren, räumen?

Die Beweggründe zu dieser Entschließung? Jenseits des Großtals, beim Hörnleskopf, Hohrodberg und Hohrod, im bayerischen Abschnitt, schien es nicht nach Wunsch gegangen zu sein. Unsere 6. Kompanie hatte auf ihrer Erkundung nahe bei Hohrod Kampfspuren, ein zerschossenes Geschütz und anderes angetroffen, Bayern nicht. Die auf die Höhe nordwestlich Münster vorgeschiebenen Züge der 6. und 7./L. 121, unsere Artilleriebedeckung, Flankensicherung und Verbindungstruppe nach Norden hatte bis in den Nachmittag nach rechts hinauf Fühlung mit einem bayerischen Unteroffiziersposten im Hof Bergbrochen gehabt, abends war Bergbrochen plötzlich von Franzosen besetzt und dass die Bayern ohne Nachricht abgezogen waren, kostete uns einen Mann, den der Feind aus unserer nächsten Verbindungspatrouille abschloss. Sie waren demnach zurückgegangen, die Franzosen gefolgt, und wenn der Gegner auf den nördlichen Münstertalbergen über Münster vorgekommen war, so beherrschte er unsere Zufahrtsstraße und konnte uns abschneiden. Später hörten wir, dass auch vom Gebweilertal her Alpenjäger mit Gebirgsartillerie gemeldet waren, kurz, es war in unserem Rücken wohl nicht geheuer und was die Einnahme und Wiederaufgabe einiger Berge angeht, so war man damals und im Bewegungskrieg überhaupt nicht überbedenklich. Im dämmernden Morgen stiegen die Bataillone schweigend wieder ins Tal hinab, vorbei an den beiderseits des Weges liegenden stillen Kameraden und den gefallenen Franzosen, von denen viele durch unsere Krankenträger und die Hilfe leistenden Einwohner von Münster noch nicht hatten geborgen werden können; die Verluste waren zu groß gewesen. Dann durch das schlummernde Münster; an seinem Ortsausgang wurde gesammelt. – Einer aber war auf dem Reichackerkopf geblieben: der lange Vizefeldwebel und Offiziersaspirant Brudermüller – „natürlich wieder ein früherer Einjähriger“ – hatte abseits seiner Kompanie unter einem lauschigen Strauch den Abmarsch und alles miteinander verschlafen und war in der Dunkelheit auch nicht vermisst worden; es fehlten so viele. Als er erwachte, war’s hell um ihn und alles leer, worauf er, allein der Verteidigung des Reichackerkopfes sich nicht gewachsen fühlend, beunruhigt den Rückzug antrat und bei der Rückmeldung in seiner Kompanie kein geringes Gelächter hervorrief. Es pflanzte sich durch das ganze Regiment fort und tat wunderbar gut; ermuntert und schon etwas gehoben gingen wir in den neuen Tag.“

Man begrub Friedrich Scholpp auf dem Soldatenfriedhof Munster in Block 1, Grab 39.

Das Grab von Friedrich Scholpp und Friedrich Kummer auf dem Soldatenfriedhof Munster

Soldatenschicksale des 1. Weltkrieges Teil 463: Franz Frank

Der Soldat Franz Frank wurde am 09.01.1892 in der bayerischen Landeshauptstadt München geboren. Im Ersten Weltkrieg kämpfte er als Infanterist in der 7. Kompanie des 18. bayerischen Reserve-Infanterie-Regiments. Am 07.05.1915 fiel er während der Kämpfe nahe der Stadt Münster (französisch: Munster, elsässisch: Menschter). Er wurde im Alter von 23 Jahren bei Metzeral getötet.

Über den Todeszeitraum und die Todesumstände von Franz Frank berichtet die Regimentsgeschichte des 18. bayerischen Reserve-Infanterie-Regiments:

„In den nächsten Tagen liegt Infanterie- und Artilleriefeuer vom Altmatt- und Sillackerkopf auf den Gräben am Braunkopf und zerstört sie größtenteils. Nach Trommelfeuer gibt der Feind nicht auf gegen Höhe 830 anzurennen, aber ebenso wie die vorhergehenden Angriffe an der Tapferkeit der Verteidiger scheitern, kommt er auch bei wiederholten Versuchen nicht vorwärts. Bei der Abwehr des französischen Sturmes auf die Stellung hat sich auch besonders die II. Abteilung Reserve-Feldartillerie-Regiment 8 unter Hauptmann Holländer ausgezeichnet. Nach dem Misslingen des Angriffs ließ der Franzose eben seine Wut in Artillerieüberfällen aus und belegte besonders Metzeral, das an mehreren Stellen brannte. Hierauf verhielt er sich wieder einige Tage ruhiger. Durch Einzelschützen suchte er unsere Arbeit zu stören, will im Pfeiffertal arbeiten, wird aber bei Tag durch unsere Scharfschützen, bei Nacht durch unsere Patrouillen und eingerichteten Gewehren daran gehindert.

.“

Man begrub Franz Frank fir dem Soldatenfriedhof Munster in Block 2, Grab 17.

Das Grab von Ludwig Wankerl und Frank Franz auf dem Soldatenfriedhof Münster / Munster

Soldatenschicksale des 1. Weltkrieges Teil 446: Otto Senn

Der Soldat Otto Senn wurde am 20.12.1890 in der Stadt Stuttgart im heutigen Bundesland Baden-Württemberg geboren und lebte in Sonthofen. Er kämpfte im Ersten Weltkrieg als Kanonier in der 6. Batterie des 8. bayerischen Reserve-Feldartillerie-Regiments. Er war vom 4. bayerischen Feldartillerie-Regiment dorthin abkommandiert worden. Am 12.05.1915 fiel er während der Kämpfe in den Vogesen nahe der Stadt Münster (französisch: Munster, elsässisch: Menschter) am Stemlisberg. Otto Senn wurde 24 Jahre alt.

Die Regimentsgeschichte des 8. bayerischen Reserve-Feldartillerie-Regiments berichtet über diesen Tag und über den Tod von Otto Senn:

21. Von frühmorgens ab unterstützten die Batterien den Gegenangriff am Köpfle, der bis 1:30 Uhr nachmittags die Ausgangslage wieder herstellt. Das Regiment ist in angestrengtester und erfolgreichster Tätigkeit. Es hilft im Laufe des Tages sechs feindliche Gegenangriffe abweisen. Nachmittags wird auch Sturmabwehr auf Sondernach geschossen, wodurch ein Angriff dort im Keime erstickt wird. 1. und 5./8. werden zeitweise heftig beschossen, letztere beklagt einen Verlust. Der 21.07.1915 ist ein besonderer Ehrentag des Regiments.

Man begrub Otto Senn auf dem Soldatenfriedhof Munster in Block 2, Grab 14.

In Sonthofen gedenkt man Otto Senn noch heute auf einem Denkmal: http://www.denkmalprojekt.org/2011/sonthofen_wk1_bay.html

Das Grab von Paul Steffen und Otto Senn auf dem Soldatenfriedhof Münster

Soldatenschicksale des 1. Weltkrieges Teil 443: Josef Schneider

Der Soldat Josef Schneider stammte aus Villingen im heutigen Bundesland Baden-Württemberg. Im Ersten Weltkrieg kämpfte er als Landwehrmann in der 14. Kompanie des 121. Landwehr-Infanterie-Regiments. Am 04.09.1914 fiel er nahe der Stadt Münster (französisch: Munster, elsässisch: Menschter).

Über den Todestag und die Todesumstände von Josef Schneider berichtet die Regimentsgeschichte des 121. Landwehr-Infanterie-Regiments:

„Der 4. September

Ein heißer Tag war es fürwahr
Mittag schlug es vom Turm
Als unsere brave Landwehrschar
Den Mönchberg nahm im Sturm.

In dunklen Waldeshöhen
Der Feind lag gut gedeckt
Wir konnten nichts erspähen
Bis uns sein Feuer schreckt

Ein grausam Kugelregen
Schlägt ein in unsere Reih’n
Nun gilt es sich zu regen
„Kameraden, jetzt haut drein“.

So ruft der tapfre Hauptmann
Zum langersehnten Kampf
Es blitzt, es kracht und Mann für Mann
Liegt nun im Pulverdampf

Das Sturmsignal „Kartoffelsupp“
Tönt drauf an unser Ohr
Mit aufgepflanztem Bajonett
Geht jetzt die Landwehr vor.

Man denkt noch kurz an Weib und Kind
UNd auch ans Mütterlein
Dann „Gott mit uns – furchtlos und treu“
Der Sieg muss unser sein.

Dies die Verfse des Wehrmanns Domminik, 2. Kompanie, über den ernsten Tag, um den viele Tränen fließen mussten. – „Brigade von Frech“ hatte sich morgens in Günsbach zum geschlossenen Vormarsch auf Münster versammelt; IV. und I./Landwehr-Infanterie-Regiment 121 mit Maschinengewehren als Vorhut, II. und III. sowie das Landwehrregiment 123 als Gros. Wohlgemut zogen wir in die Spätsommerhitze im Talgrund auf der staubigen nördlichen Fechtstraße nach Westen, voll Erwartung auf den Übergang auf französischen Boden, den wir heute oder morgen erwarteten, denn danach stand jedem der Sinn; Krieg heißt Feindesland. Der Grenzkamm schloss weit hinten den Horizont ab, mächtige Waldkuppen türmten sich davor, ganz vorn der Reichackerkopf und Mönchberg die dicht hinter Münster anstiegen; Kirchturm und Dächer des Städtchens wurden allgemach sichtbar. Links hatten wir das ziemlich breite Münstertal, rechts ragten neben der Straße steile bewaldete Hänge auf; lange Reihen von Kopfscheiben hatten die Franzosen dort oben vor dem Waldrand aufgestellt; wir sollten wohl da hinauf einen Angriff in Szene setzen.

Mädchen kamen uns entgegengeradelt. „Seid ihr endlich da?“, aus allen Häusern winkten die Münsterer, und überall wurden uns Erfrischungen angeboten. „Gestern Abend sind sie abgezogen. Aber Vorsicht: hinter der Stadt sitzen sie in den Bergen!“

Die Vorhut erhielt Befehl, über den Reichackerkopf auf den „Sattel“ und den „Sattelkopf“ zu marschieren; II./L. 121 hatte im „Kleintal“, nördlich davon, die Linie Weiher-Widenthal zu erreichen und mit der bayerischen Landwehr auf den Höhen rechts Verbindung zu suchen; der Rest der Brigade sollte der Vorhut folgen.

11.30 Uhr trat 15./L. 121 als Spitze an; das II. Bataillon zog sich nach seinem nordwestlichen Ortsausgang und schickte die 6. Kompanie zur Aufklärung und Flankendeckung gegen die kahlen Felshänge von Hohrodberg halbrechts hinauf.

300 Meter weit war die 15. Kompanie aus Münster die Bergstraße nach dem Reichackerkopf angestiegen, als an den „Spitaläckern“ aus naher Entfernung ein schwerer Infanteriefeuerüberfall auf sie niederging, der nur zu gut lag. Es kam aus Dickicht, Gehölz und dem Waldrand oberhalb – die Warnung der Männer von Münster: hier hatten sie gelauert und uns dicht herankommen lassen. So rasch das böse Gelände es zuließ, entwickelte die 15. beiderseits des Fahrwegs ihre Schützen, – Raum dazu fehlte, da der Berg rechts scharf abfiel, zur Linken steil aufstieg und begann gegen den Feind zu klimmen. Die 13. Kompanie trat ins Gefecht, dann 14. und 16./L. 121, die Schützenlinie beiderseits verlängernd; hierauf wurde das I. Bataillon eingeschoben. Der Regimentskommandeur und beide Bataillonskommandeure führten ihre Truppen persönlich vor, gruppenweise im heftigsten Feuer, so gut es ging; furchtbar hinderte die Enge der Örtlichkeit jede einfachste Bewegung. Unsere Verluste wuchsen rapid; Oberstleutnant Brock, unser Regimentskommandeur Oberstleutnant Bechtiger, der Adjutant des I., Oberleutnant Paul, die Oberleutnants Schittenhelm und Stübler, Kompanieführer der 16. und 3., Leutnant Müller, 2., einen nach dem andern rafften die Feuergarben der Franzosen in einer Viertelstunde fort, wie sie ihre Leute vorbrachten, und um sie ihre Zug- und Gruppenführer, ihre Mannschaften, und die Zahl der Toten und Verwundeten schwoll mit jeder Minute weiter an. An einheitliche Leitung war nicht zu denken; jeder Führer suchte mit den nächstliegenden Leuten auf dem steinigen Boden aufwärtskriechend, an Wurzeln und Gesträuch sich hochziehend, Überblick und Schussfeld, jeder einzelne kämpfte wütend für sich gegen die Hunde in ihren Buschverstecken und Bäumen oben.

Inzwischen hatte das II. Bataillon, beim Verlassen des Nordwestrands von Münster heftig, aber wirkungslos von französischen Batterien beschossen, sein Ziel Weiher fahren lassen und sich in breiter Front quer durch die Fecht und das „Kleintal“ auf den Gefechtslärm am Reichackerkopf zugestürzt; die feindliche Artillerie folgte ihm durch den Grund mit ihren Granaten und Schrapnells. Es lief den Reichackerkopf von Norden an. Am linken Flügel unserer Linie griff III./L. 121 mit 3 Kompanien und Maschinengewehren ein, Front nach Nordost und fand brauchbares Schussfeld. Der konzentrische Druck duckte die Franzosen, unser zunehmendes Feuer wirkte und sie wurden bescheidener. Unsere Batterie ließ vom Nordwestrand von Münster ihre Schüsse gegen rückwärtige Ziele beim Feind krachen; sie tat gut, sich nicht in das Infanteriegefecht zu mischen, von dessen Stand von unten nichts zu erkennen war. Genug, dass Gruppen des IV. mit ihren blaueb Röcken von eigenen Verstärkungen für Franzosen gehalten und von hinten beschossen worden waren.

Wir waren so weit: Sturm. Mit Zusammenraffung allerKraft war die Linie sich den letzten Sprung über die felsigen Hänge aufwärts und brach in den Wald ein; einiges Handgemenge, ein paar Gefangene, im übrigen flüchtete der Feind. Erschöpft und keuchend nahm die Truppe die Verfolgung auf; sie führte über die obere „Hangstraße“ auf den „Sattel“ zu; Tornister, Waffen und Kleidungsstücke der Franzosen markierten ihren Weg. Beim Wegekreuz am Osthang der Kuppe 771 sammelten und ordneten sich unsere vier Bataillone, dann wurde die Höhe 771 besetzt; Reichackerkopf und Mönchberg waren überwunden.

Der nächste Waldberg in Richtung auf den Vogesenkamm und die deutsche Grenze ist der „Sattelkopf“, von dem nach Stoßweiher, wie in entgegengesetzter, südlicher Richtung tief eingeschnittene Wiesentäler abfallen; jenseits setzt die Walddecke des Sattelkopfmassivs dicht oberhalb des „Sattels“ an. Am Waldrand stehen die „Sattelhäuser“, wenige einzelne Grbäude.

Unsere Bataillone hielten rückwärts der diesseitigen Waldgrenze, um zunächst mit schwachen Patrouillen auf den Wiesengrund vorzufühlen. Und kaum waren diese aus den Bäumen angetreten, als wildes Infanterie- und Maschinengewehrfeuer von drüben auf sie einschlug; Hauptmann Lang, der Kompanieführer der 1. wurde tödlich getroffen. Der Feind hielt im übrigen vielfach zu hoch, so dass uns weitere Blutopfer erspart blieben. Was uns interessierte, wussten wir nun und zogen die Aufklärer zurück, denen der Boden auf ihrem dem Gegner zugeneigten Wiesenhang heiß genug geworden war.

Zwecklos, den Sattelkopf ohne Vorbereitung anzurennen; er war ohne schwere Einbußen nur zu stürmen, wenn seine Verteidiger während unseres Vorgehens durch den Wiesengrund von Artillerie und Maschinengewehren niedergehalten wurden und dafür war’s zu spät; der Abend war da. Ein dünner Schützenschleier wurde als Sicherung an den Waldrand postiert, dahinter legten sich die Reste der geschlossenen Kompanien; einige Reserven wurden ans Wegekreuz zurückgenommen. Die Verpflegungsoffiziere brachten um Mitternacht Leiterwagen voll Brot und Fleischkonserven vor, aber die Truppe wollte nicht viel davon wissen, obschon sie den Tag über nichts gegessen hatte. Besser etwas Schlaf, der auf dem feuchten Waldbosen in der Nachtkühle nicht recht kommen wollte. Zu gleicher Zeit befahl die Brigade, bei Tagesanbruch den Sattel anzugreifen. Ohne Vorbereitung und Feuerunterstützung durch Artillerie? Gleichgültig; nur Ruhe jetzt! Zwei Stunden später wurde die Räumung der Höhen in völliger Stille angeordnet; 4.30 Uhr morgens war damit zu beginnen und der Verstand stand uns vollends still: den Reichackerkopf und den Mönchberg, die eben unter schweren Verlusten gestürmt waren, räumen?

Die Beweggründe zu dieser Entschließung? Jenseits des Großtals, beim Hörnleskopf, Hohrodberg und Hohrod, im bayerischen Abschnitt, schien es nicht nach Wunsch gegangen zu sein. Unsere 6. Kompanie hatte auf ihrer Erkundung nahe bei Hohrod Kampfspuren, ein zerschossenes Geschütz und anderes angetroffen, Bayern nicht. Die auf die Höhe nordwestlich Münster vorgeschiebenen Züge der 6. und 7./L. 121, unsere Artilleriebedeckung, Flankensicherung und Verbindungstruppe nach Norden hatte bis in den Nachmittag nach rechts hinauf Fühlung mit einem bayerischen Unteroffiziersposten im Hof Bergbrochen gehabt, abends war Bergbrochen plötzlich von Franzosen besetzt und dass die Bayern ohne Nachricht abgezogen waren, kostete uns einen Mann, den der Feind aus unserer nächsten Verbindungspatrouille abschloss. Sie waren demnach zurückgegangen, die Franzosen gefolgt, und wenn der Gegner auf den nördlichen Münstertalbergen über Münster vorgekommen war, so beherrschte er unsere Zufahrtsstraße und konnte uns abschneiden. Später hörten wir, dass auch vom Gebweilertal her Alpenjäger mit Gebirgsartillerie gemeldet waren, kurz, es war in unserem Rücken wohl nicht geheuer und was die Einnahme und Wiederaufgabe einiger Berge angeht, so war man damals und im Bewegungskrieg überhaupt nicht überbedenklich. Im dämmernden Morgen stiegen die Bataillone schweigend wieder ins Tal hinab, vorbei an den beiderseits des Weges liegenden stillen Kameraden und den gefallenen Franzosen, von denen viele durch unsere Krankenträger und die Hilfe leistenden Einwohner von Münster noch nicht hatten geborgen werden können; die Verluste waren zu groß gewesen. Dann durch das schlummernde Münster; an seinem Ortsausgang wurde gesammelt. – Einer aber war auf dem Reichackerkopf geblieben: der lange Vizefeldwebel und Offiziersaspirant Brudermüller – „natürlich wieder ein früherer Einjähriger“ – hatte abseits seiner Kompanie unter einem lauschigen Strauch den Abmarsch und alles miteinander verschlafen und war in der Dunkelheit auch nicht vermisst worden; es fehlten so viele. Als er erwachte, war’s hell um ihn und alles leer, worauf er, allein der Verteidigung des Reichackerkopfes sich nicht gewachsen fühlend, beunruhigt den Rückzug antrat und bei der Rückmeldung in seiner Kompanie kein geringes Gelächter hervorrief. Es pflanzte sich durch das ganze Regiment fort und tat wunderbar gut; ermuntert und schon etwas gehoben gingen wir in den neuen Tag.“

Man begrub Josef Schneider auf dem Soldatenfriedhof Munster in Block 2, Grab 10.

Das Grab von Ernst Müller und Josef auf dem Soldatenfriedhof Munster

Soldatenschicksale des 1. Weltkrieges Teil 442: Ernst Müller

Der Soldat Ernst Müller kämpfte als Wehrmann in der 10. Kompanie des 121. Landwehr-Infanterie-Regiments. Am 04.09.1914 fiel er während der Kämpfe in den Vogesen nahe der Stadt Münster (französisch: Munster, elsässisch: Menschter).

Über den Todestag und die Todesumstände von Ernst Müller berichtet die Regimentsgeschichte des 121. Landwehr-Infanterie-Regiments:

„Der 4. September

Ein heißer Tag war es fürwahr
Mittag schlug es vom Turm
Als unsere brave Landwehrschar
Den Mönchberg nahm im Sturm.

In dunklen Waldeshöhen
Der Feind lag gut gedeckt
Wir konnten nichts erspähen
Bis uns sein Feuer schreckt

Ein grausam Kugelregen
Schlägt ein in unsere Reih’n
Nun gilt es sich zu regen
„Kameraden, jetzt haut drein“.

So ruft der tapfre Hauptmann
Zum langersehnten Kampf
Es blitzt, es kracht und Mann für Mann
Liegt nun im Pulverdampf

Das Sturmsignal „Kartoffelsupp“
Tönt drauf an unser Ohr
Mit aufgepflanztem Bajonett
Geht jetzt die Landwehr vor.

Man denkt noch kurz an Weib und Kind
UNd auch ans Mütterlein
Dann „Gott mit uns – furchtlos und treu“
Der Sieg muss unser sein.

Dies die Verfse des Wehrmanns Domminik, 2. Kompanie, über den ernsten Tag, um den viele Tränen fließen mussten. – „Brigade von Frech“ hatte sich morgens in Günsbach zum geschlossenen Vormarsch auf Münster versammelt; IV. und I./Landwehr-Infanterie-Regiment 121 mit Maschinengewehren als Vorhut, II. und III. sowie das Landwehrregiment 123 als Gros. Wohlgemut zogen wir in die Spätsommerhitze im Talgrund auf der staubigen nördlichen Fechtstraße nach Westen, voll Erwartung auf den Übergang auf französischen Boden, den wir heute oder morgen erwarteten, denn danach stand jedem der Sinn; Krieg heißt Feindesland. Der Grenzkamm schloss weit hinten den Horizont ab, mächtige Waldkuppen türmten sich davor, ganz vorn der Reichackerkopf und Mönchberg die dicht hinter Münster anstiegen; Kirchturm und Dächer des Städtchens wurden allgemach sichtbar. Links hatten wir das ziemlich breite Münstertal, rechts ragten neben der Straße steile bewaldete Hänge auf; lange Reihen von Kopfscheiben hatten die Franzosen dort oben vor dem Waldrand aufgestellt; wir sollten wohl da hinauf einen Angriff in Szene setzen.

Mädchen kamen uns entgegengeradelt. „Seid ihr endlich da?“, aus allen Häusern winkten die Münsterer, und überall wurden uns Erfrischungen angeboten. „Gestern Abend sind sie abgezogen. Aber Vorsicht: hinter der Stadt sitzen sie in den Bergen!“

Die Vorhut erhielt Befehl, über den Reichackerkopf auf den „Sattel“ und den „Sattelkopf“ zu marschieren; II./L. 121 hatte im „Kleintal“, nördlich davon, die Linie Weiher-Widenthal zu erreichen und mit der bayerischen Landwehr auf den Höhen rechts Verbindung zu suchen; der Rest der Brigade sollte der Vorhut folgen.

11.30 Uhr trat 15./L. 121 als Spitze an; das II. Bataillon zog sich nach seinem nordwestlichen Ortsausgang und schickte die 6. Kompanie zur Aufklärung und Flankendeckung gegen die kahlen Felshänge von Hohrodberg halbrechts hinauf.

300 Meter weit war die 15. Kompanie aus Münster die Bergstraße nach dem Reichackerkopf angestiegen, als an den „Spitaläckern“ aus naher Entfernung ein schwerer Infanteriefeuerüberfall auf sie niederging, der nur zu gut lag. Es kam aus Dickicht, Gehölz und dem Waldrand oberhalb – die Warnung der Männer von Münster: hier hatten sie gelauert und uns dicht herankommen lassen. So rasch das böse Gelände es zuließ, entwickelte die 15. beiderseits des Fahrwegs ihre Schützen, – Raum dazu fehlte, da der Berg rechts scharf abfiel, zur Linken steil aufstieg und begann gegen den Feind zu klimmen. Die 13. Kompanie trat ins Gefecht, dann 14. und 16./L. 121, die Schützenlinie beiderseits verlängernd; hierauf wurde das I. Bataillon eingeschoben. Der Regimentskommandeur und beide Bataillonskommandeure führten ihre Truppen persönlich vor, gruppenweise im heftigsten Feuer, so gut es ging; furchtbar hinderte die Enge der Örtlichkeit jede einfachste Bewegung. Unsere Verluste wuchsen rapid; Oberstleutnant Brock, unser Regimentskommandeur Oberstleutnant Bechtiger, der Adjutant des I., Oberleutnant Paul, die Oberleutnants Schittenhelm und Stübler, Kompanieführer der 16. und 3., Leutnant Müller, 2., einen nach dem andern rafften die Feuergarben der Franzosen in einer Viertelstunde fort, wie sie ihre Leute vorbrachten, und um sie ihre Zug- und Gruppenführer, ihre Mannschaften, und die Zahl der Toten und Verwundeten schwoll mit jeder Minute weiter an. An einheitliche Leitung war nicht zu denken; jeder Führer suchte mit den nächstliegenden Leuten auf dem steinigen Boden aufwärtskriechend, an Wurzeln und Gesträuch sich hochziehend, Überblick und Schussfeld, jeder einzelne kämpfte wütend für sich gegen die Hunde in ihren Buschverstecken und Bäumen oben.

Inzwischen hatte das II. Bataillon, beim Verlassen des Nordwestrands von Münster heftig, aber wirkungslos von französischen Batterien beschossen, sein Ziel Weiher fahren lassen und sich in breiter Front quer durch die Fecht und das „Kleintal“ auf den Gefechtslärm am Reichackerkopf zugestürzt; die feindliche Artillerie folgte ihm durch den Grund mit ihren Granaten und Schrapnells. Es lief den Reichackerkopf von Norden an. Am linken Flügel unserer Linie griff III./L. 121 mit 3 Kompanien und Maschinengewehren ein, Front nach Nordost und fand brauchbares Schussfeld. Der konzentrische Druck duckte die Franzosen, unser zunehmendes Feuer wirkte und sie wurden bescheidener. Unsere Batterie ließ vom Nordwestrand von Münster ihre Schüsse gegen rückwärtige Ziele beim Feind krachen; sie tat gut, sich nicht in das Infanteriegefecht zu mischen, von dessen Stand von unten nichts zu erkennen war. Genug, dass Gruppen des IV. mit ihren blaueb Röcken von eigenen Verstärkungen für Franzosen gehalten und von hinten beschossen worden waren.

Wir waren so weit: Sturm. Mit Zusammenraffung allerKraft war die Linie sich den letzten Sprung über die felsigen Hänge aufwärts und brach in den Wald ein; einiges Handgemenge, ein paar Gefangene, im übrigen flüchtete der Feind. Erschöpft und keuchend nahm die Truppe die Verfolgung auf; sie führte über die obere „Hangstraße“ auf den „Sattel“ zu; Tornister, Waffen und Kleidungsstücke der Franzosen markierten ihren Weg. Beim Wegekreuz am Osthang der Kuppe 771 sammelten und ordneten sich unsere vier Bataillone, dann wurde die Höhe 771 besetzt; Reichackerkopf und Mönchberg waren überwunden.

Der nächste Waldberg in Richtung auf den Vogesenkamm und die deutsche Grenze ist der „Sattelkopf“, von dem nach Stoßweiher, wie in entgegengesetzter, südlicher Richtung tief eingeschnittene Wiesentäler abfallen; jenseits setzt die Walddecke des Sattelkopfmassivs dicht oberhalb des „Sattels“ an. Am Waldrand stehen die „Sattelhäuser“, wenige einzelne Grbäude.

Unsere Bataillone hielten rückwärts der diesseitigen Waldgrenze, um zunächst mit schwachen Patrouillen auf den Wiesengrund vorzufühlen. Und kaum waren diese aus den Bäumen angetreten, als wildes Infanterie- und Maschinengewehrfeuer von drüben auf sie einschlug; Hauptmann Lang, der Kompanieführer der 1. wurde tödlich getroffen. Der Feind hielt im übrigen vielfach zu hoch, so dass uns weitere Blutopfer erspart blieben. Was uns interessierte, wussten wir nun und zogen die Aufklärer zurück, denen der Boden auf ihrem dem Gegner zugeneigten Wiesenhang heiß genug geworden war.

Zwecklos, den Sattelkopf ohne Vorbereitung anzurennen; er war ohne schwere Einbußen nur zu stürmen, wenn seine Verteidiger während unseres Vorgehens durch den Wiesengrund von Artillerie und Maschinengewehren niedergehalten wurden und dafür war’s zu spät; der Abend war da. Ein dünner Schützenschleier wurde als Sicherung an den Waldrand postiert, dahinter legten sich die Reste der geschlossenen Kompanien; einige Reserven wurden ans Wegekreuz zurückgenommen. Die Verpflegungsoffiziere brachten um Mitternacht Leiterwagen voll Brot und Fleischkonserven vor, aber die Truppe wollte nicht viel davon wissen, obschon sie den Tag über nichts gegessen hatte. Besser etwas Schlaf, der auf dem feuchten Waldbosen in der Nachtkühle nicht recht kommen wollte. Zu gleicher Zeit befahl die Brigade, bei Tagesanbruch den Sattel anzugreifen. Ohne Vorbereitung und Feuerunterstützung durch Artillerie? Gleichgültig; nur Ruhe jetzt! Zwei Stunden später wurde die Räumung der Höhen in völliger Stille angeordnet; 4.30 Uhr morgens war damit zu beginnen und der Verstand stand uns vollends still: den Reichackerkopf und den Mönchberg, die eben unter schweren Verlusten gestürmt waren, räumen?

Die Beweggründe zu dieser Entschließung? Jenseits des Großtals, beim Hörnleskopf, Hohrodberg und Hohrod, im bayerischen Abschnitt, schien es nicht nach Wunsch gegangen zu sein. Unsere 6. Kompanie hatte auf ihrer Erkundung nahe bei Hohrod Kampfspuren, ein zerschossenes Geschütz und anderes angetroffen, Bayern nicht. Die auf die Höhe nordwestlich Münster vorgeschiebenen Züge der 6. und 7./L. 121, unsere Artilleriebedeckung, Flankensicherung und Verbindungstruppe nach Norden hatte bis in den Nachmittag nach rechts hinauf Fühlung mit einem bayerischen Unteroffiziersposten im Hof Bergbrochen gehabt, abends war Bergbrochen plötzlich von Franzosen besetzt und dass die Bayern ohne Nachricht abgezogen waren, kostete uns einen Mann, den der Feind aus unserer nächsten Verbindungspatrouille abschloss. Sie waren demnach zurückgegangen, die Franzosen gefolgt, und wenn der Gegner auf den nördlichen Münstertalbergen über Münster vorgekommen war, so beherrschte er unsere Zufahrtsstraße und konnte uns abschneiden. Später hörten wir, dass auch vom Gebweilertal her Alpenjäger mit Gebirgsartillerie gemeldet waren, kurz, es war in unserem Rücken wohl nicht geheuer und was die Einnahme und Wiederaufgabe einiger Berge angeht, so war man damals und im Bewegungskrieg überhaupt nicht überbedenklich. Im dämmernden Morgen stiegen die Bataillone schweigend wieder ins Tal hinab, vorbei an den beiderseits des Weges liegenden stillen Kameraden und den gefallenen Franzosen, von denen viele durch unsere Krankenträger und die Hilfe leistenden Einwohner von Münster noch nicht hatten geborgen werden können; die Verluste waren zu groß gewesen. Dann durch das schlummernde Münster; an seinem Ortsausgang wurde gesammelt. – Einer aber war auf dem Reichackerkopf geblieben: der lange Vizefeldwebel und Offiziersaspirant Brudermüller – „natürlich wieder ein früherer Einjähriger“ – hatte abseits seiner Kompanie unter einem lauschigen Strauch den Abmarsch und alles miteinander verschlafen und war in der Dunkelheit auch nicht vermisst worden; es fehlten so viele. Als er erwachte, war’s hell um ihn und alles leer, worauf er, allein der Verteidigung des Reichackerkopfes sich nicht gewachsen fühlend, beunruhigt den Rückzug antrat und bei der Rückmeldung in seiner Kompanie kein geringes Gelächter hervorrief. Es pflanzte sich durch das ganze Regiment fort und tat wunderbar gut; ermuntert und schon etwas gehoben gingen wir in den neuen Tag.“

Man begrub Ernst Müller auf dem Soldatenfriedhof Munster in Block 2, Grab 9.

Das Grab von Ernst Müller und Josef Schneider auf dem Soldatenfriedhof Munster

Soldatenschicksale des 1. Weltkrieges Teil 441: Albert Leidig

Der Soldat Albert Leidig stammte aus der Stadt Schrozberg im heutigen Bundesland Baden-Württemberg. Im Ersten Weltkrieg kämpfte er als Wehrmann in der 1. Kompanie des 121. Landwehr-Infanterie-Regiments. Am 04.09.1914 fiel er während der Kämpfe in den Vogesen nahe der Stadt Münster (französisch: Munster, elsässisch: Menschter).

Über den Todestag und die Todesumstände von Albert Leidig berichtet die Regimentsgeschichte des 121. Landwehr-Infanterie-Regiments:

„Der 4. September

Ein heißer Tag war es fürwahr
Mittag schlug es vom Turm
Als unsere brave Landwehrschar
Den Mönchberg nahm im Sturm.

In dunklen Waldeshöhen
Der Feind lag gut gedeckt
Wir konnten nichts erspähen
Bis uns sein Feuer schreckt

Ein grausam Kugelregen
Schlägt ein in unsere Reih’n
Nun gilt es sich zu regen
„Kameraden, jetzt haut drein“.

So ruft der tapfre Hauptmann
Zum langersehnten Kampf
Es blitzt, es kracht und Mann für Mann
Liegt nun im Pulverdampf

Das Sturmsignal „Kartoffelsupp“
Tönt drauf an unser Ohr
Mit aufgepflanztem Bajonett
Geht jetzt die Landwehr vor.

Man denkt noch kurz an Weib und Kind
UNd auch ans Mütterlein
Dann „Gott mit uns – furchtlos und treu“
Der Sieg muss unser sein.

Dies die Verfse des Wehrmanns Domminik, 2. Kompanie, über den ernsten Tag, um den viele Tränen fließen mussten. – „Brigade von Frech“ hatte sich morgens in Günsbach zum geschlossenen Vormarsch auf Münster versammelt; IV. und I./Landwehr-Infanterie-Regiment 121 mit Maschinengewehren als Vorhut, II. und III. sowie das Landwehrregiment 123 als Gros. Wohlgemut zogen wir in die Spätsommerhitze im Talgrund auf der staubigen nördlichen Fechtstraße nach Westen, voll Erwartung auf den Übergang auf französischen Boden, den wir heute oder morgen erwarteten, denn danach stand jedem der Sinn; Krieg heißt Feindesland. Der Grenzkamm schloss weit hinten den Horizont ab, mächtige Waldkuppen türmten sich davor, ganz vorn der Reichackerkopf und Mönchberg die dicht hinter Münster anstiegen; Kirchturm und Dächer des Städtchens wurden allgemach sichtbar. Links hatten wir das ziemlich breite Münstertal, rechts ragten neben der Straße steile bewaldete Hänge auf; lange Reihen von Kopfscheiben hatten die Franzosen dort oben vor dem Waldrand aufgestellt; wir sollten wohl da hinauf einen Angriff in Szene setzen.

Mädchen kamen uns entgegengeradelt. „Seid ihr endlich da?“, aus allen Häusern winkten die Münsterer, und überall wurden uns Erfrischungen angeboten. „Gestern Abend sind sie abgezogen. Aber Vorsicht: hinter der Stadt sitzen sie in den Bergen!“

Die Vorhut erhielt Befehl, über den Reichackerkopf auf den „Sattel“ und den „Sattelkopf“ zu marschieren; II./L. 121 hatte im „Kleintal“, nördlich davon, die Linie Weiher-Widenthal zu erreichen und mit der bayerischen Landwehr auf den Höhen rechts Verbindung zu suchen; der Rest der Brigade sollte der Vorhut folgen.

11.30 Uhr trat 15./L. 121 als Spitze an; das II. Bataillon zog sich nach seinem nordwestlichen Ortsausgang und schickte die 6. Kompanie zur Aufklärung und Flankendeckung gegen die kahlen Felshänge von Hohrodberg halbrechts hinauf.

300 Meter weit war die 15. Kompanie aus Münster die Bergstraße nach dem Reichackerkopf angestiegen, als an den „Spitaläckern“ aus naher Entfernung ein schwerer Infanteriefeuerüberfall auf sie niederging, der nur zu gut lag. Es kam aus Dickicht, Gehölz und dem Waldrand oberhalb – die Warnung der Männer von Münster: hier hatten sie gelauert und uns dicht herankommen lassen. So rasch das böse Gelände es zuließ, entwickelte die 15. beiderseits des Fahrwegs ihre Schützen, – Raum dazu fehlte, da der Berg rechts scharf abfiel, zur Linken steil aufstieg und begann gegen den Feind zu klimmen. Die 13. Kompanie trat ins Gefecht, dann 14. und 16./L. 121, die Schützenlinie beiderseits verlängernd; hierauf wurde das I. Bataillon eingeschoben. Der Regimentskommandeur und beide Bataillonskommandeure führten ihre Truppen persönlich vor, gruppenweise im heftigsten Feuer, so gut es ging; furchtbar hinderte die Enge der Örtlichkeit jede einfachste Bewegung. Unsere Verluste wuchsen rapid; Oberstleutnant Brock, unser Regimentskommandeur Oberstleutnant Bechtiger, der Adjutant des I., Oberleutnant Paul, die Oberleutnants Schittenhelm und Stübler, Kompanieführer der 16. und 3., Leutnant Müller, 2., einen nach dem andern rafften die Feuergarben der Franzosen in einer Viertelstunde fort, wie sie ihre Leute vorbrachten, und um sie ihre Zug- und Gruppenführer, ihre Mannschaften, und die Zahl der Toten und Verwundeten schwoll mit jeder Minute weiter an. An einheitliche Leitung war nicht zu denken; jeder Führer suchte mit den nächstliegenden Leuten auf dem steinigen Boden aufwärtskriechend, an Wurzeln und Gesträuch sich hochziehend, Überblick und Schussfeld, jeder einzelne kämpfte wütend für sich gegen die Hunde in ihren Buschverstecken und Bäumen oben.

Inzwischen hatte das II. Bataillon, beim Verlassen des Nordwestrands von Münster heftig, aber wirkungslos von französischen Batterien beschossen, sein Ziel Weiher fahren lassen und sich in breiter Front quer durch die Fecht und das „Kleintal“ auf den Gefechtslärm am Reichackerkopf zugestürzt; die feindliche Artillerie folgte ihm durch den Grund mit ihren Granaten und Schrapnells. Es lief den Reichackerkopf von Norden an. Am linken Flügel unserer Linie griff III./L. 121 mit 3 Kompanien und Maschinengewehren ein, Front nach Nordost und fand brauchbares Schussfeld. Der konzentrische Druck duckte die Franzosen, unser zunehmendes Feuer wirkte und sie wurden bescheidener. Unsere Batterie ließ vom Nordwestrand von Münster ihre Schüsse gegen rückwärtige Ziele beim Feind krachen; sie tat gut, sich nicht in das Infanteriegefecht zu mischen, von dessen Stand von unten nichts zu erkennen war. Genug, dass Gruppen des IV. mit ihren blaueb Röcken von eigenen Verstärkungen für Franzosen gehalten und von hinten beschossen worden waren.

Wir waren so weit: Sturm. Mit Zusammenraffung allerKraft war die Linie sich den letzten Sprung über die felsigen Hänge aufwärts und brach in den Wald ein; einiges Handgemenge, ein paar Gefangene, im übrigen flüchtete der Feind. Erschöpft und keuchend nahm die Truppe die Verfolgung auf; sie führte über die obere „Hangstraße“ auf den „Sattel“ zu; Tornister, Waffen und Kleidungsstücke der Franzosen markierten ihren Weg. Beim Wegekreuz am Osthang der Kuppe 771 sammelten und ordneten sich unsere vier Bataillone, dann wurde die Höhe 771 besetzt; Reichackerkopf und Mönchberg waren überwunden.

Der nächste Waldberg in Richtung auf den Vogesenkamm und die deutsche Grenze ist der „Sattelkopf“, von dem nach Stoßweiher, wie in entgegengesetzter, südlicher Richtung tief eingeschnittene Wiesentäler abfallen; jenseits setzt die Walddecke des Sattelkopfmassivs dicht oberhalb des „Sattels“ an. Am Waldrand stehen die „Sattelhäuser“, wenige einzelne Grbäude.

Unsere Bataillone hielten rückwärts der diesseitigen Waldgrenze, um zunächst mit schwachen Patrouillen auf den Wiesengrund vorzufühlen. Und kaum waren diese aus den Bäumen angetreten, als wildes Infanterie- und Maschinengewehrfeuer von drüben auf sie einschlug; Hauptmann Lang, der Kompanieführer der 1. wurde tödlich getroffen. Der Feind hielt im übrigen vielfach zu hoch, so dass uns weitere Blutopfer erspart blieben. Was uns interessierte, wussten wir nun und zogen die Aufklärer zurück, denen der Boden auf ihrem dem Gegner zugeneigten Wiesenhang heiß genug geworden war.

Zwecklos, den Sattelkopf ohne Vorbereitung anzurennen; er war ohne schwere Einbußen nur zu stürmen, wenn seine Verteidiger während unseres Vorgehens durch den Wiesengrund von Artillerie und Maschinengewehren niedergehalten wurden und dafür war’s zu spät; der Abend war da. Ein dünner Schützenschleier wurde als Sicherung an den Waldrand postiert, dahinter legten sich die Reste der geschlossenen Kompanien; einige Reserven wurden ans Wegekreuz zurückgenommen. Die Verpflegungsoffiziere brachten um Mitternacht Leiterwagen voll Brot und Fleischkonserven vor, aber die Truppe wollte nicht viel davon wissen, obschon sie den Tag über nichts gegessen hatte. Besser etwas Schlaf, der auf dem feuchten Waldbosen in der Nachtkühle nicht recht kommen wollte. Zu gleicher Zeit befahl die Brigade, bei Tagesanbruch den Sattel anzugreifen. Ohne Vorbereitung und Feuerunterstützung durch Artillerie? Gleichgültig; nur Ruhe jetzt! Zwei Stunden später wurde die Räumung der Höhen in völliger Stille angeordnet; 4.30 Uhr morgens war damit zu beginnen und der Verstand stand uns vollends still: den Reichackerkopf und den Mönchberg, die eben unter schweren Verlusten gestürmt waren, räumen?

Die Beweggründe zu dieser Entschließung? Jenseits des Großtals, beim Hörnleskopf, Hohrodberg und Hohrod, im bayerischen Abschnitt, schien es nicht nach Wunsch gegangen zu sein. Unsere 6. Kompanie hatte auf ihrer Erkundung nahe bei Hohrod Kampfspuren, ein zerschossenes Geschütz und anderes angetroffen, Bayern nicht. Die auf die Höhe nordwestlich Münster vorgeschiebenen Züge der 6. und 7./L. 121, unsere Artilleriebedeckung, Flankensicherung und Verbindungstruppe nach Norden hatte bis in den Nachmittag nach rechts hinauf Fühlung mit einem bayerischen Unteroffiziersposten im Hof Bergbrochen gehabt, abends war Bergbrochen plötzlich von Franzosen besetzt und dass die Bayern ohne Nachricht abgezogen waren, kostete uns einen Mann, den der Feind aus unserer nächsten Verbindungspatrouille abschloss. Sie waren demnach zurückgegangen, die Franzosen gefolgt, und wenn der Gegner auf den nördlichen Münstertalbergen über Münster vorgekommen war, so beherrschte er unsere Zufahrtsstraße und konnte uns abschneiden. Später hörten wir, dass auch vom Gebweilertal her Alpenjäger mit Gebirgsartillerie gemeldet waren, kurz, es war in unserem Rücken wohl nicht geheuer und was die Einnahme und Wiederaufgabe einiger Berge angeht, so war man damals und im Bewegungskrieg überhaupt nicht überbedenklich. Im dämmernden Morgen stiegen die Bataillone schweigend wieder ins Tal hinab, vorbei an den beiderseits des Weges liegenden stillen Kameraden und den gefallenen Franzosen, von denen viele durch unsere Krankenträger und die Hilfe leistenden Einwohner von Münster noch nicht hatten geborgen werden können; die Verluste waren zu groß gewesen. Dann durch das schlummernde Münster; an seinem Ortsausgang wurde gesammelt. – Einer aber war auf dem Reichackerkopf geblieben: der lange Vizefeldwebel und Offiziersaspirant Brudermüller – „natürlich wieder ein früherer Einjähriger“ – hatte abseits seiner Kompanie unter einem lauschigen Strauch den Abmarsch und alles miteinander verschlafen und war in der Dunkelheit auch nicht vermisst worden; es fehlten so viele. Als er erwachte, war’s hell um ihn und alles leer, worauf er, allein der Verteidigung des Reichackerkopfes sich nicht gewachsen fühlend, beunruhigt den Rückzug antrat und bei der Rückmeldung in seiner Kompanie kein geringes Gelächter hervorrief. Es pflanzte sich durch das ganze Regiment fort und tat wunderbar gut; ermuntert und schon etwas gehoben gingen wir in den neuen Tag.“

Man begrub Albert Leidig auf dem Soldatenfriedhof Munster in Block 2, Grab 8.

In seiner Heimatgemeinde Schrozberg gedenkt man Albert Leidig noch heute auf einem Denkmal: http://www.denkmalprojekt.org/2017/schrozberg_lk-schwaebisch-hall_wk1_wk2_bw.html

Das Grab von Wilhelm Klenk und Albert Leidig auf dem Soldatenfriedhof Munster

Soldatenschicksale des 1. Weltkrieges Teil 440: Wilhelm Klenk

Der Soldat Wilhelm Klenk wurde am 09.04.1878 in Sechselberg geboren und lebte in Waldenweiler, einem Ortsteil der Gemeinde Althütte. Er war von Beruf ZimmermannIm Ersten Weltkrieg kämpfte er als Wehrmann in der 16. Kompanie des 121. Landwehr-Infanterie-Regiments. Am 04.09.1914 fiel er während der Kämpfe in den Vogesen nahe der Stadt Münster (französisch: Munster, elsässisch: Menschter). Wilhelm Klenk wurde 36 Jahre alt.

Über den Todestag und die Todesumstände von Wilhelm Klenk berichtet die Regimentsgeschichte des 121. Landwehr-Infanterie-Regiments:

„Der 4. September

Ein heißer Tag war es fürwahr
Mittag schlug es vom Turm
Als unsere brave Landwehrschar
Den Mönchberg nahm im Sturm.

In dunklen Waldeshöhen
Der Feind lag gut gedeckt
Wir konnten nichts erspähen
Bis uns sein Feuer schreckt

Ein grausam Kugelregen
Schlägt ein in unsere Reih’n
Nun gilt es sich zu regen
„Kameraden, jetzt haut drein“.

So ruft der tapfre Hauptmann
Zum langersehnten Kampf
Es blitzt, es kracht und Mann für Mann
Liegt nun im Pulverdampf

Das Sturmsignal „Kartoffelsupp“
Tönt drauf an unser Ohr
Mit aufgepflanztem Bajonett
Geht jetzt die Landwehr vor.

Man denkt noch kurz an Weib und Kind
UNd auch ans Mütterlein
Dann „Gott mit uns – furchtlos und treu“
Der Sieg muss unser sein.

Dies die Verfse des Wehrmanns Domminik, 2. Kompanie, über den ernsten Tag, um den viele Tränen fließen mussten. – „Brigade von Frech“ hatte sich morgens in Günsbach zum geschlossenen Vormarsch auf Münster versammelt; IV. und I./Landwehr-Infanterie-Regiment 121 mit Maschinengewehren als Vorhut, II. und III. sowie das Landwehrregiment 123 als Gros. Wohlgemut zogen wir in die Spätsommerhitze im Talgrund auf der staubigen nördlichen Fechtstraße nach Westen, voll Erwartung auf den Übergang auf französischen Boden, den wir heute oder morgen erwarteten, denn danach stand jedem der Sinn; Krieg heißt Feindesland. Der Grenzkamm schloss weit hinten den Horizont ab, mächtige Waldkuppen türmten sich davor, ganz vorn der Reichackerkopf und Mönchberg die dicht hinter Münster anstiegen; Kirchturm und Dächer des Städtchens wurden allgemach sichtbar. Links hatten wir das ziemlich breite Münstertal, rechts ragten neben der Straße steile bewaldete Hänge auf; lange Reihen von Kopfscheiben hatten die Franzosen dort oben vor dem Waldrand aufgestellt; wir sollten wohl da hinauf einen Angriff in Szene setzen.

Mädchen kamen uns entgegengeradelt. „Seid ihr endlich da?“, aus allen Häusern winkten die Münsterer, und überall wurden uns Erfrischungen angeboten. „Gestern Abend sind sie abgezogen. Aber Vorsicht: hinter der Stadt sitzen sie in den Bergen!“

Die Vorhut erhielt Befehl, über den Reichackerkopf auf den „Sattel“ und den „Sattelkopf“ zu marschieren; II./L. 121 hatte im „Kleintal“, nördlich davon, die Linie Weiher-Widenthal zu erreichen und mit der bayerischen Landwehr auf den Höhen rechts Verbindung zu suchen; der Rest der Brigade sollte der Vorhut folgen.

11.30 Uhr trat 15./L. 121 als Spitze an; das II. Bataillon zog sich nach seinem nordwestlichen Ortsausgang und schickte die 6. Kompanie zur Aufklärung und Flankendeckung gegen die kahlen Felshänge von Hohrodberg halbrechts hinauf.

300 Meter weit war die 15. Kompanie aus Münster die Bergstraße nach dem Reichackerkopf angestiegen, als an den „Spitaläckern“ aus naher Entfernung ein schwerer Infanteriefeuerüberfall auf sie niederging, der nur zu gut lag. Es kam aus Dickicht, Gehölz und dem Waldrand oberhalb – die Warnung der Männer von Münster: hier hatten sie gelauert und uns dicht herankommen lassen. So rasch das böse Gelände es zuließ, entwickelte die 15. beiderseits des Fahrwegs ihre Schützen, – Raum dazu fehlte, da der Berg rechts scharf abfiel, zur Linken steil aufstieg und begann gegen den Feind zu klimmen. Die 13. Kompanie trat ins Gefecht, dann 14. und 16./L. 121, die Schützenlinie beiderseits verlängernd; hierauf wurde das I. Bataillon eingeschoben. Der Regimentskommandeur und beide Bataillonskommandeure führten ihre Truppen persönlich vor, gruppenweise im heftigsten Feuer, so gut es ging; furchtbar hinderte die Enge der Örtlichkeit jede einfachste Bewegung. Unsere Verluste wuchsen rapid; Oberstleutnant Brock, unser Regimentskommandeur Oberstleutnant Bechtiger, der Adjutant des I., Oberleutnant Paul, die Oberleutnants Schittenhelm und Stübler, Kompanieführer der 16. und 3., Leutnant Müller, 2., einen nach dem andern rafften die Feuergarben der Franzosen in einer Viertelstunde fort, wie sie ihre Leute vorbrachten, und um sie ihre Zug- und Gruppenführer, ihre Mannschaften, und die Zahl der Toten und Verwundeten schwoll mit jeder Minute weiter an. An einheitliche Leitung war nicht zu denken; jeder Führer suchte mit den nächstliegenden Leuten auf dem steinigen Boden aufwärtskriechend, an Wurzeln und Gesträuch sich hochziehend, Überblick und Schussfeld, jeder einzelne kämpfte wütend für sich gegen die Hunde in ihren Buschverstecken und Bäumen oben.

Inzwischen hatte das II. Bataillon, beim Verlassen des Nordwestrands von Münster heftig, aber wirkungslos von französischen Batterien beschossen, sein Ziel Weiher fahren lassen und sich in breiter Front quer durch die Fecht und das „Kleintal“ auf den Gefechtslärm am Reichackerkopf zugestürzt; die feindliche Artillerie folgte ihm durch den Grund mit ihren Granaten und Schrapnells. Es lief den Reichackerkopf von Norden an. Am linken Flügel unserer Linie griff III./L. 121 mit 3 Kompanien und Maschinengewehren ein, Front nach Nordost und fand brauchbares Schussfeld. Der konzentrische Druck duckte die Franzosen, unser zunehmendes Feuer wirkte und sie wurden bescheidener. Unsere Batterie ließ vom Nordwestrand von Münster ihre Schüsse gegen rückwärtige Ziele beim Feind krachen; sie tat gut, sich nicht in das Infanteriegefecht zu mischen, von dessen Stand von unten nichts zu erkennen war. Genug, dass Gruppen des IV. mit ihren blaueb Röcken von eigenen Verstärkungen für Franzosen gehalten und von hinten beschossen worden waren.

Wir waren so weit: Sturm. Mit Zusammenraffung allerKraft war die Linie sich den letzten Sprung über die felsigen Hänge aufwärts und brach in den Wald ein; einiges Handgemenge, ein paar Gefangene, im übrigen flüchtete der Feind. Erschöpft und keuchend nahm die Truppe die Verfolgung auf; sie führte über die obere „Hangstraße“ auf den „Sattel“ zu; Tornister, Waffen und Kleidungsstücke der Franzosen markierten ihren Weg. Beim Wegekreuz am Osthang der Kuppe 771 sammelten und ordneten sich unsere vier Bataillone, dann wurde die Höhe 771 besetzt; Reichackerkopf und Mönchberg waren überwunden.

Der nächste Waldberg in Richtung auf den Vogesenkamm und die deutsche Grenze ist der „Sattelkopf“, von dem nach Stoßweiher, wie in entgegengesetzter, südlicher Richtung tief eingeschnittene Wiesentäler abfallen; jenseits setzt die Walddecke des Sattelkopfmassivs dicht oberhalb des „Sattels“ an. Am Waldrand stehen die „Sattelhäuser“, wenige einzelne Grbäude.

Unsere Bataillone hielten rückwärts der diesseitigen Waldgrenze, um zunächst mit schwachen Patrouillen auf den Wiesengrund vorzufühlen. Und kaum waren diese aus den Bäumen angetreten, als wildes Infanterie- und Maschinengewehrfeuer von drüben auf sie einschlug; Hauptmann Lang, der Kompanieführer der 1. wurde tödlich getroffen. Der Feind hielt im übrigen vielfach zu hoch, so dass uns weitere Blutopfer erspart blieben. Was uns interessierte, wussten wir nun und zogen die Aufklärer zurück, denen der Boden auf ihrem dem Gegner zugeneigten Wiesenhang heiß genug geworden war.

Zwecklos, den Sattelkopf ohne Vorbereitung anzurennen; er war ohne schwere Einbußen nur zu stürmen, wenn seine Verteidiger während unseres Vorgehens durch den Wiesengrund von Artillerie und Maschinengewehren niedergehalten wurden und dafür war’s zu spät; der Abend war da. Ein dünner Schützenschleier wurde als Sicherung an den Waldrand postiert, dahinter legten sich die Reste der geschlossenen Kompanien; einige Reserven wurden ans Wegekreuz zurückgenommen. Die Verpflegungsoffiziere brachten um Mitternacht Leiterwagen voll Brot und Fleischkonserven vor, aber die Truppe wollte nicht viel davon wissen, obschon sie den Tag über nichts gegessen hatte. Besser etwas Schlaf, der auf dem feuchten Waldbosen in der Nachtkühle nicht recht kommen wollte. Zu gleicher Zeit befahl die Brigade, bei Tagesanbruch den Sattel anzugreifen. Ohne Vorbereitung und Feuerunterstützung durch Artillerie? Gleichgültig; nur Ruhe jetzt! Zwei Stunden später wurde die Räumung der Höhen in völliger Stille angeordnet; 4.30 Uhr morgens war damit zu beginnen und der Verstand stand uns vollends still: den Reichackerkopf und den Mönchberg, die eben unter schweren Verlusten gestürmt waren, räumen?

Die Beweggründe zu dieser Entschließung? Jenseits des Großtals, beim Hörnleskopf, Hohrodberg und Hohrod, im bayerischen Abschnitt, schien es nicht nach Wunsch gegangen zu sein. Unsere 6. Kompanie hatte auf ihrer Erkundung nahe bei Hohrod Kampfspuren, ein zerschossenes Geschütz und anderes angetroffen, Bayern nicht. Die auf die Höhe nordwestlich Münster vorgeschiebenen Züge der 6. und 7./L. 121, unsere Artilleriebedeckung, Flankensicherung und Verbindungstruppe nach Norden hatte bis in den Nachmittag nach rechts hinauf Fühlung mit einem bayerischen Unteroffiziersposten im Hof Bergbrochen gehabt, abends war Bergbrochen plötzlich von Franzosen besetzt und dass die Bayern ohne Nachricht abgezogen waren, kostete uns einen Mann, den der Feind aus unserer nächsten Verbindungspatrouille abschloss. Sie waren demnach zurückgegangen, die Franzosen gefolgt, und wenn der Gegner auf den nördlichen Münstertalbergen über Münster vorgekommen war, so beherrschte er unsere Zufahrtsstraße und konnte uns abschneiden. Später hörten wir, dass auch vom Gebweilertal her Alpenjäger mit Gebirgsartillerie gemeldet waren, kurz, es war in unserem Rücken wohl nicht geheuer und was die Einnahme und Wiederaufgabe einiger Berge angeht, so war man damals und im Bewegungskrieg überhaupt nicht überbedenklich. Im dämmernden Morgen stiegen die Bataillone schweigend wieder ins Tal hinab, vorbei an den beiderseits des Weges liegenden stillen Kameraden und den gefallenen Franzosen, von denen viele durch unsere Krankenträger und die Hilfe leistenden Einwohner von Münster noch nicht hatten geborgen werden können; die Verluste waren zu groß gewesen. Dann durch das schlummernde Münster; an seinem Ortsausgang wurde gesammelt. – Einer aber war auf dem Reichackerkopf geblieben: der lange Vizefeldwebel und Offiziersaspirant Brudermüller – „natürlich wieder ein früherer Einjähriger“ – hatte abseits seiner Kompanie unter einem lauschigen Strauch den Abmarsch und alles miteinander verschlafen und war in der Dunkelheit auch nicht vermisst worden; es fehlten so viele. Als er erwachte, war’s hell um ihn und alles leer, worauf er, allein der Verteidigung des Reichackerkopfes sich nicht gewachsen fühlend, beunruhigt den Rückzug antrat und bei der Rückmeldung in seiner Kompanie kein geringes Gelächter hervorrief. Es pflanzte sich durch das ganze Regiment fort und tat wunderbar gut; ermuntert und schon etwas gehoben gingen wir in den neuen Tag.“

Man begrub Wilhelm Klenk auf dem Soldatenfriedhof Munster in Block 2, Grab 7.

Das Grab von Wilhelm Klenk und Albert Leidig auf dem Soldatenfriedhof Munster

Soldatenschicksale des 1. Weltkrieges Teil 439: Karl Bürkle

Der Soldat Karl Bürkle wurde am 21.03.1876 in der Stadt Stuttgart geboren, der Landeshauptstadt des heutigen Bundeslandes Baden-Württemgerg. Er war von Beruf Maler. Im Ersten Weltkrieg kämpfte er als Wehrmann / Landwehrmann in der 14. Kompanie des 121. Landwehr-Infanterie-Regiments. An 04.09.1914 fiel er während der Kämpfe in den Vogesen bei der Stadt Münster (französisch: Munster, elsässisch: Menschter). Karl Bürkle wurde 38 Jahre alt.

Über den Todestag und die Todesumstände von Karl Bürkle berichtet die Regimentsgeschichte des 121. Landwehr-Infanterie-Regiments:

„Der 4. September

Ein heißer Tag war es fürwahr
Mittag schlug es vom Turm
Als unsere brave Landwehrschar
Den Mönchberg nahm im Sturm.

In dunklen Waldeshöhen
Der Feind lag gut gedeckt
Wir konnten nichts erspähen
Bis uns sein Feuer schreckt

Ein grausam Kugelregen
Schlägt ein in unsere Reih’n
Nun gilt es sich zu regen
„Kameraden, jetzt haut drein“.

So ruft der tapfre Hauptmann
Zum langersehnten Kampf
Es blitzt, es kracht und Mann für Mann
Liegt nun im Pulverdampf

Das Sturmsignal „Kartoffelsupp“
Tönt drauf an unser Ohr
Mit aufgepflanztem Bajonett
Geht jetzt die Landwehr vor.

Man denkt noch kurz an Weib und Kind
UNd auch ans Mütterlein
Dann „Gott mit uns – furchtlos und treu“
Der Sieg muss unser sein.

Dies die Verfse des Wehrmanns Domminik, 2. Kompanie, über den ernsten Tag, um den viele Tränen fließen mussten. – „Brigade von Frech“ hatte sich morgens in Günsbach zum geschlossenen Vormarsch auf Münster versammelt; IV. und I./Landwehr-Infanterie-Regiment 121 mit Maschinengewehren als Vorhut, II. und III. sowie das Landwehrregiment 123 als Gros. Wohlgemut zogen wir in die Spätsommerhitze im Talgrund auf der staubigen nördlichen Fechtstraße nach Westen, voll Erwartung auf den Übergang auf französischen Boden, den wir heute oder morgen erwarteten, denn danach stand jedem der Sinn; Krieg heißt Feindesland. Der Grenzkamm schloss weit hinten den Horizont ab, mächtige Waldkuppen türmten sich davor, ganz vorn der Reichackerkopf und Mönchberg die dicht hinter Münster anstiegen; Kirchturm und Dächer des Städtchens wurden allgemach sichtbar. Links hatten wir das ziemlich breite Münstertal, rechts ragten neben der Straße steile bewaldete Hänge auf; lange Reihen von Kopfscheiben hatten die Franzosen dort oben vor dem Waldrand aufgestellt; wir sollten wohl da hinauf einen Angriff in Szene setzen.

Mädchen kamen uns entgegengeradelt. „Seid ihr endlich da?“, aus allen Häusern winkten die Münsterer, und überall wurden uns Erfrischungen angeboten. „Gestern Abend sind sie abgezogen. Aber Vorsicht: hinter der Stadt sitzen sie in den Bergen!“

Die Vorhut erhielt Befehl, über den Reichackerkopf auf den „Sattel“ und den „Sattelkopf“ zu marschieren; II./L. 121 hatte im „Kleintal“, nördlich davon, die Linie Weiher-Widenthal zu erreichen und mit der bayerischen Landwehr auf den Höhen rechts Verbindung zu suchen; der Rest der Brigade sollte der Vorhut folgen.

11.30 Uhr trat 15./L. 121 als Spitze an; das II. Bataillon zog sich nach seinem nordwestlichen Ortsausgang und schickte die 6. Kompanie zur Aufklärung und Flankendeckung gegen die kahlen Felshänge von Hohrodberg halbrechts hinauf.

300 Meter weit war die 15. Kompanie aus Münster die Bergstraße nach dem Reichackerkopf angestiegen, als an den „Spitaläckern“ aus naher Entfernung ein schwerer Infanteriefeuerüberfall auf sie niederging, der nur zu gut lag. Es kam aus Dickicht, Gehölz und dem Waldrand oberhalb – die Warnung der Männer von Münster: hier hatten sie gelauert und uns dicht herankommen lassen. So rasch das böse Gelände es zuließ, entwickelte die 15. beiderseits des Fahrwegs ihre Schützen, – Raum dazu fehlte, da der Berg rechts scharf abfiel, zur Linken steil aufstieg und begann gegen den Feind zu klimmen. Die 13. Kompanie trat ins Gefecht, dann 14. und 16./L. 121, die Schützenlinie beiderseits verlängernd; hierauf wurde das I. Bataillon eingeschoben. Der Regimentskommandeur und beide Bataillonskommandeure führten ihre Truppen persönlich vor, gruppenweise im heftigsten Feuer, so gut es ging; furchtbar hinderte die Enge der Örtlichkeit jede einfachste Bewegung. Unsere Verluste wuchsen rapid; Oberstleutnant Brock, unser Regimentskommandeur Oberstleutnant Bechtiger, der Adjutant des I., Oberleutnant Paul, die Oberleutnants Schittenhelm und Stübler, Kompanieführer der 16. und 3., Leutnant Müller, 2., einen nach dem andern rafften die Feuergarben der Franzosen in einer Viertelstunde fort, wie sie ihre Leute vorbrachten, und um sie ihre Zug- und Gruppenführer, ihre Mannschaften, und die Zahl der Toten und Verwundeten schwoll mit jeder Minute weiter an. An einheitliche Leitung war nicht zu denken; jeder Führer suchte mit den nächstliegenden Leuten auf dem steinigen Boden aufwärtskriechend, an Wurzeln und Gesträuch sich hochziehend, Überblick und Schussfeld, jeder einzelne kämpfte wütend für sich gegen die Hunde in ihren Buschverstecken und Bäumen oben.

Inzwischen hatte das II. Bataillon, beim Verlassen des Nordwestrands von Münster heftig, aber wirkungslos von französischen Batterien beschossen, sein Ziel Weiher fahren lassen und sich in breiter Front quer durch die Fecht und das „Kleintal“ auf den Gefechtslärm am Reichackerkopf zugestürzt; die feindliche Artillerie folgte ihm durch den Grund mit ihren Granaten und Schrapnells. Es lief den Reichackerkopf von Norden an. Am linken Flügel unserer Linie griff III./L. 121 mit 3 Kompanien und Maschinengewehren ein, Front nach Nordost und fand brauchbares Schussfeld. Der konzentrische Druck duckte die Franzosen, unser zunehmendes Feuer wirkte und sie wurden bescheidener. Unsere Batterie ließ vom Nordwestrand von Münster ihre Schüsse gegen rückwärtige Ziele beim Feind krachen; sie tat gut, sich nicht in das Infanteriegefecht zu mischen, von dessen Stand von unten nichts zu erkennen war. Genug, dass Gruppen des IV. mit ihren blaueb Röcken von eigenen Verstärkungen für Franzosen gehalten und von hinten beschossen worden waren.

Wir waren so weit: Sturm. Mit Zusammenraffung allerKraft war die Linie sich den letzten Sprung über die felsigen Hänge aufwärts und brach in den Wald ein; einiges Handgemenge, ein paar Gefangene, im übrigen flüchtete der Feind. Erschöpft und keuchend nahm die Truppe die Verfolgung auf; sie führte über die obere „Hangstraße“ auf den „Sattel“ zu; Tornister, Waffen und Kleidungsstücke der Franzosen markierten ihren Weg. Beim Wegekreuz am Osthang der Kuppe 771 sammelten und ordneten sich unsere vier Bataillone, dann wurde die Höhe 771 besetzt; Reichackerkopf und Mönchberg waren überwunden.

Der nächste Waldberg in Richtung auf den Vogesenkamm und die deutsche Grenze ist der „Sattelkopf“, von dem nach Stoßweiher, wie in entgegengesetzter, südlicher Richtung tief eingeschnittene Wiesentäler abfallen; jenseits setzt die Walddecke des Sattelkopfmassivs dicht oberhalb des „Sattels“ an. Am Waldrand stehen die „Sattelhäuser“, wenige einzelne Grbäude.

Unsere Bataillone hielten rückwärts der diesseitigen Waldgrenze, um zunächst mit schwachen Patrouillen auf den Wiesengrund vorzufühlen. Und kaum waren diese aus den Bäumen angetreten, als wildes Infanterie- und Maschinengewehrfeuer von drüben auf sie einschlug; Hauptmann Lang, der Kompanieführer der 1. wurde tödlich getroffen. Der Feind hielt im übrigen vielfach zu hoch, so dass uns weitere Blutopfer erspart blieben. Was uns interessierte, wussten wir nun und zogen die Aufklärer zurück, denen der Boden auf ihrem dem Gegner zugeneigten Wiesenhang heiß genug geworden war.

Zwecklos, den Sattelkopf ohne Vorbereitung anzurennen; er war ohne schwere Einbußen nur zu stürmen, wenn seine Verteidiger während unseres Vorgehens durch den Wiesengrund von Artillerie und Maschinengewehren niedergehalten wurden und dafür war’s zu spät; der Abend war da. Ein dünner Schützenschleier wurde als Sicherung an den Waldrand postiert, dahinter legten sich die Reste der geschlossenen Kompanien; einige Reserven wurden ans Wegekreuz zurückgenommen. Die Verpflegungsoffiziere brachten um Mitternacht Leiterwagen voll Brot und Fleischkonserven vor, aber die Truppe wollte nicht viel davon wissen, obschon sie den Tag über nichts gegessen hatte. Besser etwas Schlaf, der auf dem feuchten Waldbosen in der Nachtkühle nicht recht kommen wollte. Zu gleicher Zeit befahl die Brigade, bei Tagesanbruch den Sattel anzugreifen. Ohne Vorbereitung und Feuerunterstützung durch Artillerie? Gleichgültig; nur Ruhe jetzt! Zwei Stunden später wurde die Räumung der Höhen in völliger Stille angeordnet; 4.30 Uhr morgens war damit zu beginnen und der Verstand stand uns vollends still: den Reichackerkopf und den Mönchberg, die eben unter schweren Verlusten gestürmt waren, räumen?

Die Beweggründe zu dieser Entschließung? Jenseits des Großtals, beim Hörnleskopf, Hohrodberg und Hohrod, im bayerischen Abschnitt, schien es nicht nach Wunsch gegangen zu sein. Unsere 6. Kompanie hatte auf ihrer Erkundung nahe bei Hohrod Kampfspuren, ein zerschossenes Geschütz und anderes angetroffen, Bayern nicht. Die auf die Höhe nordwestlich Münster vorgeschiebenen Züge der 6. und 7./L. 121, unsere Artilleriebedeckung, Flankensicherung und Verbindungstruppe nach Norden hatte bis in den Nachmittag nach rechts hinauf Fühlung mit einem bayerischen Unteroffiziersposten im Hof Bergbrochen gehabt, abends war Bergbrochen plötzlich von Franzosen besetzt und dass die Bayern ohne Nachricht abgezogen waren, kostete uns einen Mann, den der Feind aus unserer nächsten Verbindungspatrouille abschloss. Sie waren demnach zurückgegangen, die Franzosen gefolgt, und wenn der Gegner auf den nördlichen Münstertalbergen über Münster vorgekommen war, so beherrschte er unsere Zufahrtsstraße und konnte uns abschneiden. Später hörten wir, dass auch vom Gebweilertal her Alpenjäger mit Gebirgsartillerie gemeldet waren, kurz, es war in unserem Rücken wohl nicht geheuer und was die Einnahme und Wiederaufgabe einiger Berge angeht, so war man damals und im Bewegungskrieg überhaupt nicht überbedenklich. Im dämmernden Morgen stiegen die Bataillone schweigend wieder ins Tal hinab, vorbei an den beiderseits des Weges liegenden stillen Kameraden und den gefallenen Franzosen, von denen viele durch unsere Krankenträger und die Hilfe leistenden Einwohner von Münster noch nicht hatten geborgen werden können; die Verluste waren zu groß gewesen. Dann durch das schlummernde Münster; an seinem Ortsausgang wurde gesammelt. – Einer aber war auf dem Reichackerkopf geblieben: der lange Vizefeldwebel und Offiziersaspirant Brudermüller – „natürlich wieder ein früherer Einjähriger“ – hatte abseits seiner Kompanie unter einem lauschigen Strauch den Abmarsch und alles miteinander verschlafen und war in der Dunkelheit auch nicht vermisst worden; es fehlten so viele. Als er erwachte, war’s hell um ihn und alles leer, worauf er, allein der Verteidigung des Reichackerkopfes sich nicht gewachsen fühlend, beunruhigt den Rückzug antrat und bei der Rückmeldung in seiner Kompanie kein geringes Gelächter hervorrief. Es pflanzte sich durch das ganze Regiment fort und tat wunderbar gut; ermuntert und schon etwas gehoben gingen wir in den neuen Tag.“

Man begrub Karl Bürkle auf dem Soldatenfriedhof Munster in Block 2, Grab 6.

Das Grab von Christian Dieterle und Karl Bürkle auf dem Soldatenfriedhof Münster

Soldatenschicksale des 1. Weltkrieges Teil 438: Christian Dieterle

Der Soldat Christian Dieterle wurde am 08.11.1878 in Aach geboren, einem Ortsteil der Stadt Dornstetten im heutigen Bundesland Baden-Württemberg. Im Ersten Weltkrieg kämpfte er als Wehrmann in der 13. Kompanie des 121. Landwehr-Infanterie-Regiments. Am 04.09.1914 fiel er während der Kämpfe in den Vogesen nahe der Ortschaft Münster (französisch: Munster, elsässisch: Menschter) im Alter von 35 Jahren.

Über den Todestag und die Todesumstände von Christian Dieterle berichtet die Regimentsgeschichte des 121. Landwehr-Infanterie-Regiments:

„Der 4. September

Ein heißer Tag war es fürwahr
Mittag schlug es vom Turm
Als unsere brave Landwehrschar
Den Mönchberg nahm im Sturm.

In dunklen Waldeshöhen
Der Feind lag gut gedeckt
Wir konnten nichts erspähen
Bis uns sein Feuer schreckt

Ein grausam Kugelregen
Schlägt ein in unsere Reih’n
Nun gilt es sich zu regen
„Kameraden, jetzt haut drein“.

So ruft der tapfre Hauptmann
Zum langersehnten Kampf
Es blitzt, es kracht und Mann für Mann
Liegt nun im Pulverdampf

Das Sturmsignal „Kartoffelsupp“
Tönt drauf an unser Ohr
Mit aufgepflanztem Bajonett
Geht jetzt die Landwehr vor.

Man denkt noch kurz an Weib und Kind
UNd auch ans Mütterlein
Dann „Gott mit uns – furchtlos und treu“
Der Sieg muss unser sein.

Dies die Verfse des Wehrmanns Domminik, 2. Kompanie, über den ernsten Tag, um den viele Tränen fließen mussten. – „Brigade von Frech“ hatte sich morgens in Günsbach zum geschlossenen Vormarsch auf Münster versammelt; IV. und I./Landwehr-Infanterie-Regiment 121 mit Maschinengewehren als Vorhut, II. und III. sowie das Landwehrregiment 123 als Gros. Wohlgemut zogen wir in die Spätsommerhitze im Talgrund auf der staubigen nördlichen Fechtstraße nach Westen, voll Erwartung auf den Übergang auf französischen Boden, den wir heute oder morgen erwarteten, denn danach stand jedem der Sinn; Krieg heißt Feindesland. Der Grenzkamm schloss weit hinten den Horizont ab, mächtige Waldkuppen türmten sich davor, ganz vorn der Reichackerkopf und Mönchberg die dicht hinter Münster anstiegen; Kirchturm und Dächer des Städtchens wurden allgemach sichtbar. Links hatten wir das ziemlich breite Münstertal, rechts ragten neben der Straße steile bewaldete Hänge auf; lange Reihen von Kopfscheiben hatten die Franzosen dort oben vor dem Waldrand aufgestellt; wir sollten wohl da hinauf einen Angriff in Szene setzen.

Mädchen kamen uns entgegengeradelt. „Seid ihr endlich da?“, aus allen Häusern winkten die Münsterer, und überall wurden uns Erfrischungen angeboten. „Gestern Abend sind sie abgezogen. Aber Vorsicht: hinter der Stadt sitzen sie in den Bergen!“

Die Vorhut erhielt Befehl, über den Reichackerkopf auf den „Sattel“ und den „Sattelkopf“ zu marschieren; II./L. 121 hatte im „Kleintal“, nördlich davon, die Linie Weiher-Widenthal zu erreichen und mit der bayerischen Landwehr auf den Höhen rechts Verbindung zu suchen; der Rest der Brigade sollte der Vorhut folgen.

11.30 Uhr trat 15./L. 121 als Spitze an; das II. Bataillon zog sich nach seinem nordwestlichen Ortsausgang und schickte die 6. Kompanie zur Aufklärung und Flankendeckung gegen die kahlen Felshänge von Hohrodberg halbrechts hinauf.

300 Meter weit war die 15. Kompanie aus Münster die Bergstraße nach dem Reichackerkopf angestiegen, als an den „Spitaläckern“ aus naher Entfernung ein schwerer Infanteriefeuerüberfall auf sie niederging, der nur zu gut lag. Es kam aus Dickicht, Gehölz und dem Waldrand oberhalb – die Warnung der Männer von Münster: hier hatten sie gelauert und uns dicht herankommen lassen. So rasch das böse Gelände es zuließ, entwickelte die 15. beiderseits des Fahrwegs ihre Schützen, – Raum dazu fehlte, da der Berg rechts scharf abfiel, zur Linken steil aufstieg und begann gegen den Feind zu klimmen. Die 13. Kompanie trat ins Gefecht, dann 14. und 16./L. 121, die Schützenlinie beiderseits verlängernd; hierauf wurde das I. Bataillon eingeschoben. Der Regimentskommandeur und beide Bataillonskommandeure führten ihre Truppen persönlich vor, gruppenweise im heftigsten Feuer, so gut es ging; furchtbar hinderte die Enge der Örtlichkeit jede einfachste Bewegung. Unsere Verluste wuchsen rapid; Oberstleutnant Brock, unser Regimentskommandeur Oberstleutnant Bechtiger, der Adjutant des I., Oberleutnant Paul, die Oberleutnants Schittenhelm und Stübler, Kompanieführer der 16. und 3., Leutnant Müller, 2., einen nach dem andern rafften die Feuergarben der Franzosen in einer Viertelstunde fort, wie sie ihre Leute vorbrachten, und um sie ihre Zug- und Gruppenführer, ihre Mannschaften, und die Zahl der Toten und Verwundeten schwoll mit jeder Minute weiter an. An einheitliche Leitung war nicht zu denken; jeder Führer suchte mit den nächstliegenden Leuten auf dem steinigen Boden aufwärtskriechend, an Wurzeln und Gesträuch sich hochziehend, Überblick und Schussfeld, jeder einzelne kämpfte wütend für sich gegen die Hunde in ihren Buschverstecken und Bäumen oben.

Inzwischen hatte das II. Bataillon, beim Verlassen des Nordwestrands von Münster heftig, aber wirkungslos von französischen Batterien beschossen, sein Ziel Weiher fahren lassen und sich in breiter Front quer durch die Fecht und das „Kleintal“ auf den Gefechtslärm am Reichackerkopf zugestürzt; die feindliche Artillerie folgte ihm durch den Grund mit ihren Granaten und Schrapnells. Es lief den Reichackerkopf von Norden an. Am linken Flügel unserer Linie griff III./L. 121 mit 3 Kompanien und Maschinengewehren ein, Front nach Nordost und fand brauchbares Schussfeld. Der konzentrische Druck duckte die Franzosen, unser zunehmendes Feuer wirkte und sie wurden bescheidener. Unsere Batterie ließ vom Nordwestrand von Münster ihre Schüsse gegen rückwärtige Ziele beim Feind krachen; sie tat gut, sich nicht in das Infanteriegefecht zu mischen, von dessen Stand von unten nichts zu erkennen war. Genug, dass Gruppen des IV. mit ihren blaueb Röcken von eigenen Verstärkungen für Franzosen gehalten und von hinten beschossen worden waren.

Wir waren so weit: Sturm. Mit Zusammenraffung allerKraft war die Linie sich den letzten Sprung über die felsigen Hänge aufwärts und brach in den Wald ein; einiges Handgemenge, ein paar Gefangene, im übrigen flüchtete der Feind. Erschöpft und keuchend nahm die Truppe die Verfolgung auf; sie führte über die obere „Hangstraße“ auf den „Sattel“ zu; Tornister, Waffen und Kleidungsstücke der Franzosen markierten ihren Weg. Beim Wegekreuz am Osthang der Kuppe 771 sammelten und ordneten sich unsere vier Bataillone, dann wurde die Höhe 771 besetzt; Reichackerkopf und Mönchberg waren überwunden.

Der nächste Waldberg in Richtung auf den Vogesenkamm und die deutsche Grenze ist der „Sattelkopf“, von dem nach Stoßweiher, wie in entgegengesetzter, südlicher Richtung tief eingeschnittene Wiesentäler abfallen; jenseits setzt die Walddecke des Sattelkopfmassivs dicht oberhalb des „Sattels“ an. Am Waldrand stehen die „Sattelhäuser“, wenige einzelne Grbäude.

Unsere Bataillone hielten rückwärts der diesseitigen Waldgrenze, um zunächst mit schwachen Patrouillen auf den Wiesengrund vorzufühlen. Und kaum waren diese aus den Bäumen angetreten, als wildes Infanterie- und Maschinengewehrfeuer von drüben auf sie einschlug; Hauptmann Lang, der Kompanieführer der 1. wurde tödlich getroffen. Der Feind hielt im übrigen vielfach zu hoch, so dass uns weitere Blutopfer erspart blieben. Was uns interessierte, wussten wir nun und zogen die Aufklärer zurück, denen der Boden auf ihrem dem Gegner zugeneigten Wiesenhang heiß genug geworden war.

Zwecklos, den Sattelkopf ohne Vorbereitung anzurennen; er war ohne schwere Einbußen nur zu stürmen, wenn seine Verteidiger während unseres Vorgehens durch den Wiesengrund von Artillerie und Maschinengewehren niedergehalten wurden und dafür war’s zu spät; der Abend war da. Ein dünner Schützenschleier wurde als Sicherung an den Waldrand postiert, dahinter legten sich die Reste der geschlossenen Kompanien; einige Reserven wurden ans Wegekreuz zurückgenommen. Die Verpflegungsoffiziere brachten um Mitternacht Leiterwagen voll Brot und Fleischkonserven vor, aber die Truppe wollte nicht viel davon wissen, obschon sie den Tag über nichts gegessen hatte. Besser etwas Schlaf, der auf dem feuchten Waldbosen in der Nachtkühle nicht recht kommen wollte. Zu gleicher Zeit befahl die Brigade, bei Tagesanbruch den Sattel anzugreifen. Ohne Vorbereitung und Feuerunterstützung durch Artillerie? Gleichgültig; nur Ruhe jetzt! Zwei Stunden später wurde die Räumung der Höhen in völliger Stille angeordnet; 4.30 Uhr morgens war damit zu beginnen und der Verstand stand uns vollends still: den Reichackerkopf und den Mönchberg, die eben unter schweren Verlusten gestürmt waren, räumen?

Die Beweggründe zu dieser Entschließung? Jenseits des Großtals, beim Hörnleskopf, Hohrodberg und Hohrod, im bayerischen Abschnitt, schien es nicht nach Wunsch gegangen zu sein. Unsere 6. Kompanie hatte auf ihrer Erkundung nahe bei Hohrod Kampfspuren, ein zerschossenes Geschütz und anderes angetroffen, Bayern nicht. Die auf die Höhe nordwestlich Münster vorgeschiebenen Züge der 6. und 7./L. 121, unsere Artilleriebedeckung, Flankensicherung und Verbindungstruppe nach Norden hatte bis in den Nachmittag nach rechts hinauf Fühlung mit einem bayerischen Unteroffiziersposten im Hof Bergbrochen gehabt, abends war Bergbrochen plötzlich von Franzosen besetzt und dass die Bayern ohne Nachricht abgezogen waren, kostete uns einen Mann, den der Feind aus unserer nächsten Verbindungspatrouille abschloss. Sie waren demnach zurückgegangen, die Franzosen gefolgt, und wenn der Gegner auf den nördlichen Münstertalbergen über Münster vorgekommen war, so beherrschte er unsere Zufahrtsstraße und konnte uns abschneiden. Später hörten wir, dass auch vom Gebweilertal her Alpenjäger mit Gebirgsartillerie gemeldet waren, kurz, es war in unserem Rücken wohl nicht geheuer und was die Einnahme und Wiederaufgabe einiger Berge angeht, so war man damals und im Bewegungskrieg überhaupt nicht überbedenklich. Im dämmernden Morgen stiegen die Bataillone schweigend wieder ins Tal hinab, vorbei an den beiderseits des Weges liegenden stillen Kameraden und den gefallenen Franzosen, von denen viele durch unsere Krankenträger und die Hilfe leistenden Einwohner von Münster noch nicht hatten geborgen werden können; die Verluste waren zu groß gewesen. Dann durch das schlummernde Münster; an seinem Ortsausgang wurde gesammelt. – Einer aber war auf dem Reichackerkopf geblieben: der lange Vizefeldwebel und Offiziersaspirant Brudermüller – „natürlich wieder ein früherer Einjähriger“ – hatte abseits seiner Kompanie unter einem lauschigen Strauch den Abmarsch und alles miteinander verschlafen und war in der Dunkelheit auch nicht vermisst worden; es fehlten so viele. Als er erwachte, war’s hell um ihn und alles leer, worauf er, allein der Verteidigung des Reichackerkopfes sich nicht gewachsen fühlend, beunruhigt den Rückzug antrat und bei der Rückmeldung in seiner Kompanie kein geringes Gelächter hervorrief. Es pflanzte sich durch das ganze Regiment fort und tat wunderbar gut; ermuntert und schon etwas gehoben gingen wir in den neuen Tag.“

Man begrub Christian Dieterle auf dem Soldatenfriedhof Munster in Block 2, Grab 5.

In seinem Heimatdorf Aach gedenkt man Christian Dieterle noch heute auf einem Denkmal: http://www.denkmalprojekt.org/2019/aach_stadt-dornstetten_lk-freudenstadt_wk1_wk2_bw.html

Das Grab von Christian Dieterle und Karl Bürkle auf dem Soldatenfriedhof Münster

Soldatenschicksale des 1. Weltkrieges Teil 436: Wilhelm Bernritter

Der Soldat Wilhelm Bernritter stammte aus Stetten am Heuchelberg, einem Ortsteil der Gemeinde Gemmingen im heutigen Bundesland Baden-Württemberg. Im Ersten Weltkrieg kämpfte er als Gefreiter in der 16. Kompanie des 121. Landwehr-Infanterie-Regiments. Am 04.09.1914 fiel er während der Kämpfe in den Vogesen nahe der Ortschaft Münster (französisch: Munster, elsässisch: Menschter).

Über den Todestag und die Todesumstände von Wilhelm Bernritter berichtet die Regimentsgeschichte des 121. Landwehr-Infanterie-Regiments:

„Der 4. September

Ein heißer Tag war es fürwahr
Mittag schlug es vom Turm
Als unsere brave Landwehrschar
Den Mönchberg nahm im Sturm.

In dunklen Waldeshöhen
Der Feind lag gut gedeckt
Wir konnten nichts erspähen
Bis uns sein Feuer schreckt

Ein grausam Kugelregen
Schlägt ein in unsere Reih’n
Nun gilt es sich zu regen
„Kameraden, jetzt haut drein“.

So ruft der tapfre Hauptmann
Zum langersehnten Kampf
Es blitzt, es kracht und Mann für Mann
Liegt nun im Pulverdampf

Das Sturmsignal „Kartoffelsupp“
Tönt drauf an unser Ohr
Mit aufgepflanztem Bajonett
Geht jetzt die Landwehr vor.

Man denkt noch kurz an Weib und Kind
UNd auch ans Mütterlein
Dann „Gott mit uns – furchtlos und treu“
Der Sieg muss unser sein.

Dies die Verfse des Wehrmanns Domminik, 2. Kompanie, über den ernsten Tag, um den viele Tränen fließen mussten. – „Brigade von Frech“ hatte sich morgens in Günsbach zum geschlossenen Vormarsch auf Münster versammelt; IV. und I./Landwehr-Infanterie-Regiment 121 mit Maschinengewehren als Vorhut, II. und III. sowie das Landwehrregiment 123 als Gros. Wohlgemut zogen wir in die Spätsommerhitze im Talgrund auf der staubigen nördlichen Fechtstraße nach Westen, voll Erwartung auf den Übergang auf französischen Boden, den wir heute oder morgen erwarteten, denn danach stand jedem der Sinn; Krieg heißt Feindesland. Der Grenzkamm schloss weit hinten den Horizont ab, mächtige Waldkuppen türmten sich davor, ganz vorn der Reichackerkopf und Mönchberg die dicht hinter Münster anstiegen; Kirchturm und Dächer des Städtchens wurden allgemach sichtbar. Links hatten wir das ziemlich breite Münstertal, rechts ragten neben der Straße steile bewaldete Hänge auf; lange Reihen von Kopfscheiben hatten die Franzosen dort oben vor dem Waldrand aufgestellt; wir sollten wohl da hinauf einen Angriff in Szene setzen.

Mädchen kamen uns entgegengeradelt. „Seid ihr endlich da?“, aus allen Häusern winkten die Münsterer, und überall wurden uns Erfrischungen angeboten. „Gestern Abend sind sie abgezogen. Aber Vorsicht: hinter der Stadt sitzen sie in den Bergen!“

Die Vorhut erhielt Befehl, über den Reichackerkopf auf den „Sattel“ und den „Sattelkopf“ zu marschieren; II./L. 121 hatte im „Kleintal“, nördlich davon, die Linie Weiher-Widenthal zu erreichen und mit der bayerischen Landwehr auf den Höhen rechts Verbindung zu suchen; der Rest der Brigade sollte der Vorhut folgen.

11.30 Uhr trat 15./L. 121 als Spitze an; das II. Bataillon zog sich nach seinem nordwestlichen Ortsausgang und schickte die 6. Kompanie zur Aufklärung und Flankendeckung gegen die kahlen Felshänge von Hohrodberg halbrechts hinauf.

300 Meter weit war die 15. Kompanie aus Münster die Bergstraße nach dem Reichackerkopf angestiegen, als an den „Spitaläckern“ aus naher Entfernung ein schwerer Infanteriefeuerüberfall auf sie niederging, der nur zu gut lag. Es kam aus Dickicht, Gehölz und dem Waldrand oberhalb – die Warnung der Männer von Münster: hier hatten sie gelauert und uns dicht herankommen lassen. So rasch das böse Gelände es zuließ, entwickelte die 15. beiderseits des Fahrwegs ihre Schützen, – Raum dazu fehlte, da der Berg rechts scharf abfiel, zur Linken steil aufstieg und begann gegen den Feind zu klimmen. Die 13. Kompanie trat ins Gefecht, dann 14. und 16./L. 121, die Schützenlinie beiderseits verlängernd; hierauf wurde das I. Bataillon eingeschoben. Der Regimentskommandeur und beide Bataillonskommandeure führten ihre Truppen persönlich vor, gruppenweise im heftigsten Feuer, so gut es ging; furchtbar hinderte die Enge der Örtlichkeit jede einfachste Bewegung. Unsere Verluste wuchsen rapid; Oberstleutnant Brock, unser Regimentskommandeur Oberstleutnant Bechtiger, der Adjutant des I., Oberleutnant Paul, die Oberleutnants Schittenhelm und Stübler, Kompanieführer der 16. und 3., Leutnant Müller, 2., einen nach dem andern rafften die Feuergarben der Franzosen in einer Viertelstunde fort, wie sie ihre Leute vorbrachten, und um sie ihre Zug- und Gruppenführer, ihre Mannschaften, und die Zahl der Toten und Verwundeten schwoll mit jeder Minute weiter an. An einheitliche Leitung war nicht zu denken; jeder Führer suchte mit den nächstliegenden Leuten auf dem steinigen Boden aufwärtskriechend, an Wurzeln und Gesträuch sich hochziehend, Überblick und Schussfeld, jeder einzelne kämpfte wütend für sich gegen die Hunde in ihren Buschverstecken und Bäumen oben.

Inzwischen hatte das II. Bataillon, beim Verlassen des Nordwestrands von Münster heftig, aber wirkungslos von französischen Batterien beschossen, sein Ziel Weiher fahren lassen und sich in breiter Front quer durch die Fecht und das „Kleintal“ auf den Gefechtslärm am Reichackerkopf zugestürzt; die feindliche Artillerie folgte ihm durch den Grund mit ihren Granaten und Schrapnells. Es lief den Reichackerkopf von Norden an. Am linken Flügel unserer Linie griff III./L. 121 mit 3 Kompanien und Maschinengewehren ein, Front nach Nordost und fand brauchbares Schussfeld. Der konzentrische Druck duckte die Franzosen, unser zunehmendes Feuer wirkte und sie wurden bescheidener. Unsere Batterie ließ vom Nordwestrand von Münster ihre Schüsse gegen rückwärtige Ziele beim Feind krachen; sie tat gut, sich nicht in das Infanteriegefecht zu mischen, von dessen Stand von unten nichts zu erkennen war. Genug, dass Gruppen des IV. mit ihren blaueb Röcken von eigenen Verstärkungen für Franzosen gehalten und von hinten beschossen worden waren.

Wir waren so weit: Sturm. Mit Zusammenraffung allerKraft war die Linie sich den letzten Sprung über die felsigen Hänge aufwärts und brach in den Wald ein; einiges Handgemenge, ein paar Gefangene, im übrigen flüchtete der Feind. Erschöpft und keuchend nahm die Truppe die Verfolgung auf; sie führte über die obere „Hangstraße“ auf den „Sattel“ zu; Tornister, Waffen und Kleidungsstücke der Franzosen markierten ihren Weg. Beim Wegekreuz am Osthang der Kuppe 771 sammelten und ordneten sich unsere vier Bataillone, dann wurde die Höhe 771 besetzt; Reichackerkopf und Mönchberg waren überwunden.

Der nächste Waldberg in Richtung auf den Vogesenkamm und die deutsche Grenze ist der „Sattelkopf“, von dem nach Stoßweiher, wie in entgegengesetzter, südlicher Richtung tief eingeschnittene Wiesentäler abfallen; jenseits setzt die Walddecke des Sattelkopfmassivs dicht oberhalb des „Sattels“ an. Am Waldrand stehen die „Sattelhäuser“, wenige einzelne Grbäude.

Unsere Bataillone hielten rückwärts der diesseitigen Waldgrenze, um zunächst mit schwachen Patrouillen auf den Wiesengrund vorzufühlen. Und kaum waren diese aus den Bäumen angetreten, als wildes Infanterie- und Maschinengewehrfeuer von drüben auf sie einschlug; Hauptmann Lang, der Kompanieführer der 1. wurde tödlich getroffen. Der Feind hielt im übrigen vielfach zu hoch, so dass uns weitere Blutopfer erspart blieben. Was uns interessierte, wussten wir nun und zogen die Aufklärer zurück, denen der Boden auf ihrem dem Gegner zugeneigten Wiesenhang heiß genug geworden war.

Zwecklos, den Sattelkopf ohne Vorbereitung anzurennen; er war ohne schwere Einbußen nur zu stürmen, wenn seine Verteidiger während unseres Vorgehens durch den Wiesengrund von Artillerie und Maschinengewehren niedergehalten wurden und dafür war’s zu spät; der Abend war da. Ein dünner Schützenschleier wurde als Sicherung an den Waldrand postiert, dahinter legten sich die Reste der geschlossenen Kompanien; einige Reserven wurden ans Wegekreuz zurückgenommen. Die Verpflegungsoffiziere brachten um Mitternacht Leiterwagen voll Brot und Fleischkonserven vor, aber die Truppe wollte nicht viel davon wissen, obschon sie den Tag über nichts gegessen hatte. Besser etwas Schlaf, der auf dem feuchten Waldbosen in der Nachtkühle nicht recht kommen wollte. Zu gleicher Zeit befahl die Brigade, bei Tagesanbruch den Sattel anzugreifen. Ohne Vorbereitung und Feuerunterstützung durch Artillerie? Gleichgültig; nur Ruhe jetzt! Zwei Stunden später wurde die Räumung der Höhen in völliger Stille angeordnet; 4.30 Uhr morgens war damit zu beginnen und der Verstand stand uns vollends still: den Reichackerkopf und den Mönchberg, die eben unter schweren Verlusten gestürmt waren, räumen?

Die Beweggründe zu dieser Entschließung? Jenseits des Großtals, beim Hörnleskopf, Hohrodberg und Hohrod, im bayerischen Abschnitt, schien es nicht nach Wunsch gegangen zu sein. Unsere 6. Kompanie hatte auf ihrer Erkundung nahe bei Hohrod Kampfspuren, ein zerschossenes Geschütz und anderes angetroffen, Bayern nicht. Die auf die Höhe nordwestlich Münster vorgeschiebenen Züge der 6. und 7./L. 121, unsere Artilleriebedeckung, Flankensicherung und Verbindungstruppe nach Norden hatte bis in den Nachmittag nach rechts hinauf Fühlung mit einem bayerischen Unteroffiziersposten im Hof Bergbrochen gehabt, abends war Bergbrochen plötzlich von Franzosen besetzt und dass die Bayern ohne Nachricht abgezogen waren, kostete uns einen Mann, den der Feind aus unserer nächsten Verbindungspatrouille abschloss. Sie waren demnach zurückgegangen, die Franzosen gefolgt, und wenn der Gegner auf den nördlichen Münstertalbergen über Münster vorgekommen war, so beherrschte er unsere Zufahrtsstraße und konnte uns abschneiden. Später hörten wir, dass auch vom Gebweilertal her Alpenjäger mit Gebirgsartillerie gemeldet waren, kurz, es war in unserem Rücken wohl nicht geheuer und was die Einnahme und Wiederaufgabe einiger Berge angeht, so war man damals und im Bewegungskrieg überhaupt nicht überbedenklich. Im dämmernden Morgen stiegen die Bataillone schweigend wieder ins Tal hinab, vorbei an den beiderseits des Weges liegenden stillen Kameraden und den gefallenen Franzosen, von denen viele durch unsere Krankenträger und die Hilfe leistenden Einwohner von Münster noch nicht hatten geborgen werden können; die Verluste waren zu groß gewesen. Dann durch das schlummernde Münster; an seinem Ortsausgang wurde gesammelt. – Einer aber war auf dem Reichackerkopf geblieben: der lange Vizefeldwebel und Offiziersaspirant Brudermüller – „natürlich wieder ein früherer Einjähriger“ – hatte abseits seiner Kompanie unter einem lauschigen Strauch den Abmarsch und alles miteinander verschlafen und war in der Dunkelheit auch nicht vermisst worden; es fehlten so viele. Als er erwachte, war’s hell um ihn und alles leer, worauf er, allein der Verteidigung des Reichackerkopfes sich nicht gewachsen fühlend, beunruhigt den Rückzug antrat und bei der Rückmeldung in seiner Kompanie kein geringes Gelächter hervorrief. Es pflanzte sich durch das ganze Regiment fort und tat wunderbar gut; ermuntert und schon etwas gehoben gingen wir in den neuen Tag.“

Man begrub Wilhelm Bernritter auf dem Soldatenfriedhof Munster in Block 2, Grab 3.

Das Grab von Wilhelm Bernritter und Bernhard Bauer auf dem Soldatenfriedhof Münster